Himmer, Johann Peter

[449] Himmer, J. P. Johann Peter Himmer wurde am 4. Juli 1801 zu Glasehausen unweit Heiligenstadt als Sohn eines Rechtsanwalts geboren. Sein Vater war durch die Kriegsereignisse jener Zeit in gedrückte Umstände geraten, und seine beschränkten Mittel erlaubten daher nicht, seinem Sohne eine Erziehung und Vorbildung geben zu lassen, die den Anforderungen seines spätern Berufes auch nur einigermaßen entsprochen hätte. 1815 wanderte[449] Himmer zu Fuß nach Göttingen, wo ein Onkel das Buchbindergewerbe betrieb. Kleine Dienstleistungen im Hause des Verwandten führten ihn öfter mit fertigen Einbänden in die Deuerlich'sche Buchhandlung; der Besitzer fand Gefallen an dem anstelligen Knaben und letzterer ergriff gern ein Anerbieten zur Aufnahme als Lehrling in dessen Geschäft. Sieben arbeitsvolle und entbehrungsreiche Jahre wovon fünf als Lehrling, verflossen nun hier unter stetem Ringen nach Ausbildung im Geschäft, wie nach Erwerbung der fehlenden Vorkenntnisse, zu welchem Zwecke, nach des Tages Last und Hitze, meistens die späten Nachtstunden benutzt werden mußten. Für ein Honorar von zwei Gutegroschen die Stunde erteilten ihm mittellose Studenten Unterricht. 1822 trat Himmer als Gehilfe in das Geschäft von P. G. Kummer in Leipzig, ging dann einige Jahre später nach Würzburg. 1828 verband er sich mit dem 1866 verstorbenen Karl Kollmann zur käuflichen Uebernahme der vormals Jos. Wolffischen Sortimentsbuchhandlung in Augsburg (gegr. 1708) Dieses Sozietätsverhältnis dauerte jedoch nur wenige Jahre; schon 1831 fand Himmer Gelegenheit, die Matth. Rieger'sche Buchhandlung in Augsburg (gegr. 1731), sowie die dazu gehörige J. B. Merzsche Buchhandlung, den Verlag von Fr. Anton Veith und den der Musikalienhandlung von Lotter & Sohn, sämtlich in München, von dem damaligen Besitzer Al. Eurisch unter besonders günstigen Bedingungen zu erwerben. Die Riegersche Buchhandlung, welche direkte Verbindungen durch Reisende nach fast allen Teilen Europas unterhalten hatte, war unter den letzten Besitzern in Verfall geraten. Himmer griff rüstig ein und war so glücklich, bald überraschende Erfolge zu gewahren. Beinahe ohne Mittel, nur auf die Bürgschaft eines wohlwollenden Mannes und auf seinen persönlichen Kredit gestützt, hatte er das Unternehmen begonnen. Den Sortimentsbetrieb erweiterte er und bald durchzogen seine Reisenden wieder Oberbayern, die Schweiz und das Elsaß. Auch begann er eine belebte Verlagsthätigkeit. Der Verlag bestand in der Hauptsache aus katholischen Gebet- und Andachtsbüchern, Predigtsammlungen, Erbauungsschriften etc. Von den größeren theologischen Werken ist namentlich Anton Godeaus allgem. Kirchengeschichte (Uebersetzung aus dem Italienischen bezw. Französischen) in 38 Bänden, 1768/96, zu erwähnen. Daneben verlegte die Riegersche Buchhandlung viele Schulbücher, unter denen Pomays großes lateinisches Wörterbuch, 2 Bde. 1795, in fast allen Lehranstalten Süddeutschlands, Tirols und der Schweiz eingeführt war – und eine[450] große Anzahl kleinerer und größerer Volks- und Jugendschriften wie die von O. Lautenschlager, 24 Bändchen. Wir finden ferner auch »Leben und Ende des berüchtigten Anführers einer Wildschützenbande Matthias Klostermayrs, oder des sogenannten bayerischen Hiesels« (1772). Bekannt sind G. C. Mezgers historische Schriften (Augsburgs älteste Druckdenkmale). 1835 übernahm Himmer die ehemals Kranzfeldersche Buchhandlung in Lindau, welche er nach einigen Jahren wieder an seinen Mitarbeiter J. Th. Stettner (der auch heute noch für sein Geschäft die Platzfirma M. Riegersche Buchhandlung in Lindau beibehalten hat) abtrat. 1845 ging die bisher fast ausschließlich durch seinen Verlag beschäftigte Reichelsche Buchdruckerei in Augsburg (gegründet 1826) in seinen Besitz über, deren Ausdehnung und innerer Entwickelung er bis an seinen Tod besondere Sorgfalt widmete. Die ersten Jahrgänge der »Fliegenden Blätter« sind aus seiner Offizin hervorgegangen. 1847 errichtete er die M. Riegersche Universitäts-Buchhandlung in München, die sich heute im Besitze der Witwe seines Sohnes befindet. Das Jahr 1849 bot ihm Gelegenheit, auch die alte Moysche Verlagshandlung in Augsburg mit seinem dortigen Geschäfte zu vereinen.

1865 trat Himmer (gest. am 18. 12. 1867) die M. Riegersche Buchhandlung käuflich an Adolph Himmer ab. Zur Zeit sind Otto und Ferdinand Himmer Inhaber der altberühmten Firma.

Quellen: Börsenblatt für den deutschen Buchhandel 1868; Verlagskatalog 1807, 1832, 1838, 1841, 1848, 1864, 1876.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 3. Berlin/Eberswalde 1905, S. 449-451.
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