Phaëthon

[377] Phaëthon (Gr. M.),

1) Sohn des Sonnengottes und der Clymene. Epaphus, Sohn des Jupiter und der Io, zweifelte an Ph.s Abkunft und gab diesem seinen Zweifel auf nicht sehr feine Weise zu erkennen. Auf diess beschwur Ph. seine Mutter, ihm zu sagen, ob wirklich der Sonnengott sein Vater sei, und Clymene beschwur es; nun ging er zu diesem und schmeichelte ihm so lange, bis er ihm eine Bitte im unbedingt zu gewähren versprach; die Bitte war, ihm einen Tag lange die Regierung des Sonnenwagens anzuvertrauen. Der Vater versuchte ihm sein Verlangen auf alle Art auszureden, da er jedoch bei der Styx geschworen, musste er endlich nachgeben. Nun belehrte er den Ph. auf's Sorgfältigste über die Behandlung der Rosse, über den Weg, den er zu nehmen habe, über die Gefahren, welche auf demselben seiner harrten, und übergab zagend die Zügel den unerfahrnen Händen. Nur zu bald ward seine Besorgniss gerechtfertigt: die Rosse, nicht des Meisters Kraft fühlend, wichen aus der Bahn und kamen zu den Hyperboreern, denen sie so heiss machten, dass diese sich im Meere verbargen; die ungeheure Höhe machte Ph. schwindeln, er suchte die Pferde zur Erde herabzulenken, um so mehr, als die Ungeheuer des Thierkreises, Krebs und Scorpion, ihm Entsetzen einflössten, allein die zu grosse Nähe hatte die schrecklichsten Folgen: die Quellen versiegten, die Wälder ganzer Länder entzündeten sich, die Erde barst und die Sonne schien in den Tartarus; endlich schleuderte Jupiter, das Unglück sehend, den kühnen Jüngling mit einem Blitz vom Wagen, worauf die Rosse sich zerstreuten; aber Libyen war schon zur Wüste geworden, die Aethiopier waren schwarz gebrannt, Athos, Taurus, Tmolus, Oeta, Ida, Helicon, Hämus, Aetna, Caucasus standen in Flammen und erleuchteten die Welt, da der Sonnengott vor Gram über des Sohnes Verlust und vor Zorn über Jupiters Mord es nicht thun wollte; der Ganges, Tanais, Xanthus, der Rhodanus, Rhenus und Tiberis, der Tagus und der Nil waren ausgetrocknet, nur die Wellen des Eridanus schäumten noch, und in ihnen fand der halbverbrannte Ph. sein Grab. Des Unglücklichen Schwestern, die Phaëthontiaden, grämten sich zu Tod und wurden in Erlen verwandelt; ein Freund desselben, Cycnus, starb aus Sehnsucht nach ihm und ward zu einem Schwan; Clymene, Ph.s Mutter, ward wahnsinnig vor Schmerz.

2) Ph., Sohn der Aurora und des Cephalus, oder des Tithonus, ein Liebling der Venus.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 377.
Lizenz:
Faksimiles: