Ferne

1. Aus der Fern lügt man gern.

Frz.: De longues terres longues nouvelles. (Leroux, I, 58.)


2. Aus der Ferne ist gut lügen.Simrock, 6646.


3. Besser aus der Ferne dingen, als in der Nähe ringen.

Die Unterhandlungen sind vortheilhafter, wenn man freien Boden unter den Füssen hat, als wenn man sich in der Gewalt des Gegners befindet.


4. Besser in der Ferne einen Freund, als in der Nähe einen Feind.


5. De Födde1 brenget de Swädde2. (Soest.) – Firmenich, I, 348, 8.

1) Für Föerde, eigentlich Ferde, von fer, fern, die Ferne, Entfernung.

2) Für Swörde, von swår, schwer = Schwere.


6. Die Ferne macht aus einem silbernen Becher einen goldenen Kelch.


7. In der Ferne lieben ist besser, als in der Nähe hassen.

8. In der Ferne prasselt's noch.


9. In die Ferne ist gut lügen.

Fr.: A beau mentir qui vient de loin. (Lendroy, 922; Leroux, II, 162.)

It.: Da lunghe vie, lunghe bugie. – Ha bel dire bugie chi viene da lontano. (Pazzaglia, 36.)

Lat.: Longinquitas redargui non potest. (Philippi, I, 228.)


10. Man sieht oft besser in die Ferne als in die Nähe.

Poln.: Dalekie rzeczy upatrujemy a bliskich nie widziemy. (Wurzbach I, 237.)


11. Nur von der Ferne klingt die Trommel schön.


12. Verr1 hat nit ehr.Franck, I, 9a; Gruter, III, 38; Sutor, 425; Henisch, 1074; Petri, II, 310; Lehmann, II, 174, 13; Körte, 1351.

1) Althochdeutsch ferro, mittelhochdeutsch vërre, besonders durch die züricher Bibel, welche diese Form für das von Luther gewählte hochdeutsche fern vertauschte, in Brauch gekommen. (Vgl. Grimm, III, 1540.) – »Was weit hintan, das lässt man gahn.« Aus den Augen, aus dem Sinn.


13. Wer in der Ferne pocht, schweigt in der Nähe.Simrock, 2388; Körte, 1353.


*14. Aus der Ferne will er das Haff aussaufen, und wenn er hinkommt, bezwingt er nicht einmal das Ufer.


*15. Er kann in die Ferne sehen, aber er sieht nicht, was vor den Füssen liegt.


[Zusätze und Ergänzungen]

16. Das man vern holet, ist das best.Franck, II, 167b.


17. Die ferne sind, thun einem keinen schaden. Petri, II, 127.


18. Wat man färn hâlt un düer betalt, dögt doch mennigmôl nits.Schambach, II, 430.


*19. E äs net fär (weit) mät gewiest. (Siebenbürg.-sächs.) – Frommann, V, 33, 36.

Er ist nicht weit mit gewesen, hat nicht viel erfahren, ist unwissend.


*20. He steit von Ferne, as Jan Wewer up de Landdag.Kern, 137.

Jan Wewer kommt in ostfriesischen Sprichwörtern wiederholentlich vor; doch erfährt man über seine Lebensgeschichte wenig mehr, als dass er Landtagsabgeordneter gewesen und im Schweigen mehr als im Reden geleistet hat.

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 5. Leipzig 1880, Sp. 1259.
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