Lehnmann

1. Der Lehnmann muss sein Lehn verdienen. (S. Lehn 1.) – Graf, 558, 41.


2. Der Lehnmann weist den Herrn ins Bett und die Knechte ins Stroh.Graf, 55.

Neben den Abgaben, die der Lehnmann dem Schutzherrn zu leisten hatte, lag ihm auch noch die freie Beköstigung desselben, sobald er einkehrte, ob. Die Leistungen waren im einzelnen bestimmt. Der Herr erhielt ein Bett, seine Begleitung ein Strohlager, der Falke eine schwarze Henne, die Hunde Brot, die Pferde Streu bis an den Faselt und Hafer bis in die Augen. Der Huber (der auf der Hufe sitzende Lehnsmann) zündet Feuer ohne Rauch auf (Kohlenfeuer), bringt weisse Leinlachen (Tischtücher) und hölzerne Becher mit ehrbarem Landwein für die Herren und aufrichtig Bier für die Knechte.

[1879] Mhd.: Item weist der Lehenman den Herrn vff das bett vnd die knecht in das stroe. (Grimm, II, 384.) – Allweg den herren wein ond den knechten byer. (Grimm I, 266.)


3. Lehnmann kein Unterthan.Eisenhart, 678; Hillebrand, 77, 105; Pistor., VI, 70; Simrock, 6282; Eiselein, 416; Graf, 556, 9.

Dies Sprichwort macht auf den Unterschied zwischen einem Lehnsmann und einem Unterthanen aufmerksam. Während der letztere in allen Stücken dem Willen seines Oberherrn Folge zu leisten hat, ist der Lehnsmann nur zur Ausübung der Pflichten verbunden, wozu er sich ausdrücklich verbindlich gemacht hat. Muss der Unterthan unbedingt gehorchen, so kann der Vasall untersuchen, ob der Befehl mit dem Lehnsvertrage übereinstimmt.


4. Wo kein Lehnmann ist, da ist auch kein Handlohn.Eisenhart, 681; Hillebrand, 85, 114; Pistor., I, 54; Eiselein, 416; Simrock, 6284; Graf, 51, 192.

Unter Handlohn ist das Geld zu verstehen, das bei der Lehnserneuerung aus Dankbarkeit, dass der Herr einen unter seine Vasallen aufgenommen hat, bezahlt wird. Dies Geld soll nun nach dem vorstehenden Sprichwort nur dann bezahlt werden, wenn das Lehen auf einen Fremden übergeht, nicht aber, wenn entweder der Lehnherr geändert wird, oder die Lehnsfolger folgen, welche in der ersten Belehnung schon, mit begriffen sind.

Lat.: Ubi non est emphyteuta, ibi nec laudemium est. (Gist, 54, 1.)

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 2. Leipzig 1870, Sp. 1879-1880.
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