Leihen

1. Beim Leihen Gott, beim Wiederfordern Henker.

Frz.: Au prêter Dieu, au rendre diable. (Kritzinger, 562a.)


[24] 2. Es ist nicht gut leihen Leuten, die ins Gelobte Land ziehen.


3. Leihe deinem Freunde und mahne deinen Feind.Henisch, 1235, 46; Petri, II, 435; Pistor., VI, 93; Simrock, 6330.

Tunnicius (686): Lene dynem vrunde, mane dynen vyent. (Fit Pylades aurum Procrustes quando reposcis).

Schwed.: Man lånar sin wän, och kräfwer sin owän. (Marin, 20; Rhodin, 91.)


4. Leihe ich nicht, so ist's ein zorn, leihe ich, so ist's Geld verlorn; doch besser der erste Zorn, denn Geld vnd freund zugleich verlorn.Mathesy, 190b.

Böhm.: Nepůjčíš-li, hnĕvu na týden: půjčíš-li, na rok. – Čím komu víc půjcuješ, víc hnĕvu míti budeš. (Čelakovský, 276.)

Frz.: Qui preste, non n'a; si n'a, non tost; si tost, non tout; si tout, non gré; si gré, non tel. (Cahier, 1469.)

Poln.: Niepožycz, tydzień gniewu: požycz, cały rok. (Čelakovský, 276.)


5. Leihe ihm, es ist nichts zu verlieren, man darf nur auf das Wiederkommen warten.

Port.: Emprestaste e não cobraste; ese cobraste, não tanto; ese tanto, não tal; ese tal, inimigo mortal. (Bohn II, 276.)

Span.: Quien presta, no cobra; y si cobra, no todo; y si todo no tal. (Bohn II, 251.)


6. Leihe ihm und scherze mit ihm, so verlierst du gewiss bei ihm.Burckhardt, 124.

Wer mit dem Schuldner scherzt, verliert oft das Seine.


7. Leihe nicht dem Thoren, er bildet sich ein, es gehöre ihm.Burckhardt, 729.


8. Leihen bringt Reuen.


9. Leihen ist verderblich.

Für den Leiher wie für den Borger.

Mhd.: Ich hoer wer übel leihe, das sey ain poeser gelt. (Wolkenstein.) (Zingerle, 80.)


10. Leihen macht freund(schaft), wiederfordern macht feind(schaft).Franck, II, 183b; Petri, II, 435; Hollenberg, II, 15; Lehmann, 103, 2; Latendorf II, 21; Lehmann, II, 375, 104; Moscherosch, 324; Siebenkees, 132; Sailer, 269; Simrock, 6332; Körte, 3765; Braun, I, 2228.

Leihe jemand eine kleine Summe Geldes auf einen Tag, erinnere ihn in acht Tagen an die Rückzahlung, warte acht Wochen und verlange nach einem Vierteljahre die Zahlung bestimmt, und der Feind ist fertig. »Claus (von Ranstett) wollte einem, der ihn ansprach, nichts leyhen, sagend: Wenn du mein Feind wärest, wolt ich dir wol leyhen, dann macht ich dich darmit zum Freund; weil du aber mein Freund bist, mag ich dich nicht zum Feind machen.« (Zingerle, I, 320.)

Böhm.: Půjčka činí přátely, upomenutí nepřátely. (Čelakovský, 276.)

Frz.: Au prêter, ami, au rendre, ennemi. (Lendroy, 30; Cahier, 76 u. 1468.)

Kroat.: Posuditi čini priatele, terjati nepriatele. (Čelakovský, 276.)

Lat.: Mutua qui dederat, repetens sibi comparat hostem. (Gaal, 658.) – Noli cum vulpe inire amicitiam. (Chaos, 54, 52.) – Qui dat mutuum, amicum vendit, inimicum emit. (Binder II, 2766; Lehmann, 102, 2.) – Ut nunc sunt mores, ades res reddit, si quis quid reddit magna habenda est gratia. (Terenz.) (Philippi, II, 238.)

Poln.: Chcesz-li przyjaciela stracič, pieniędzy mu požycz. – Dawszy rękoma, biegaj nogoma. – Dłużnik pożyczając rumiany, oddać maiąc blady. (Masson, 226.) – Požyczek z przyjaciela czyni nieprzyjaciela. (Čelakovský, 276.)


11. Leihen macht Freunde.Simrock, 6329.

Frz.: Ami au prêter, ennemi au rendre.


12. Leihen nährt die Feindschaft.Burckhardt, 108.


13. Lên maokt Fründschopp, maon (mahnen) maokt Findschopp. (Altmark.) – Danneil, 217.


14. Man muss keinem leihen, vor dem man sich muss neigen.

Darum wollte ein Hutmacher einem Junker keinen Hut auf Borg zu Kauf geben, weil er, wie er sagte, sein Haupt nicht vor seinem Hute entblössen wollte. Die Franzosen behaupten aber, man leihe nur den Reichen: On ne prête qu'aux riches. (Bohn II, 43.)


15. Man soll leihen und nichts hoffen.Tengler, 42; Graf, 268, 260.

Im geistlichen Recht des Mittelalters galt alles Zinsennehmen als Wucher; man sollte leihen, ohne dafür etwas zu erwarten.

Frz.: A emprunter cousin germain et au rendre fils de putain. – Quiconque prête or ou argent deux choses il perd entièrement, savoir l'ami et l'argent. – Qui prête à l'ami perd au double. (Masson, 226.)

Span.: Quien presta al amigo, cobra un enemigo. (Masson, 226.)


[25] 16. Mit Leihen gewint man einen freund, mit wiedergeben verleurt man jhn.Petri, II, 478.


17. Mit Leyhen macht man Freund, mit Fordern verliert man Gelt und macht ihm Feind. Sutor, 658.

Lat.: Nihil gravius, quam audire: Redde. (Philippi, II, 24.)


18. Vortheilisch gelihen, vntrewlich bezahlt. Henisch, 364, 3; Petri, II, 583.


19. Wem man etwas leiht, von dem muss man es wieder erwarten.Graf, 270, 291.


20. Wer jedem leihet, der kommt borgen, beladet sich mit Sorgen.

Dän.: Hvo som laaner til hver som der borge vil, lader god villie, men liden viisdom. (Prov. dan., 369.)


21. Wer leihen kann, ist jedem Borger ein braver Mann.


22. Wer leihet, der kaufft jhm offt einen Feind mit seinem eigenen Geld.Petri, II, 731.

Engl.: He that doth lend, doth lose his friend. (Bohn II, 110.)


23. Wer leihet seinem Freund, verliert sein Geld und gewinnt einen Feind.

Engl.: He had lend to his friend losed double. – The way to lose a friend is, to lend him money. (Masson, 227.)

Holl.: Die op borg geeft verliest zijn goed en zijn vriend. (Bohn I, 310.)


24. Wer leiht ohne Pfand, hat einen Wurm im Verstand.

Engl.: Lend and lose; so play fools. (Bohn II, 110.)


25. Wer nicht leiht, verliert die Freunde, und wer leiht, der macht sich Feinde.


*26. Darauf leihet kein Jud einen Heller.Mayer, II, 78.


[Zusätze und Ergänzungen]

27. Leihe wenig, hüt' dich vor borgen, lass jedem das Seine selber besorgen.Gerlach, 263.


28. Wer leihet ohne Pfand, hat Schaden oder Schand.

Holl.: Die leent, heeft schade of schande. (Harrebomée, II, 240b.)


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 3. Leipzig 1873.
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