Henker

1. Der Hencker führe den weg, der es wil besser machen denn ers gelernt hat.Petri, III, 3; Henisch, 1282, 49; Luther's Tischr.; 429a.


2. Der Hencker schlug seinen Knecht darumb, das er keine Widerrede wuste.Petri, III, 3.


3. Der Hencker sünd nicht, wenn er richt; wer recht thut, darff jhn forchten nicht.Eyering, I, 479.


4. Der Henker ist gar ein scharfer Barbier.Eiselein, 298; Simrock, 4555; Braun, I, 1271.


[506] 5. Der Henker könnte sterben, ich würde doch nichts erben.


6. Der Henker mit dem Schwerte schlägt dem, so vor ihm ist, den Kopf ab, und dräuet denen, so hinter ihm sind.Eiselein, 298; Simrock, 4558.

Zur Abschreckungstheorie.


7. Der Henker sagte zu seinem Knechte: Geh und werd' ein Krämer.

Die alten Deutschen hielten die Krämerei für ein unehrliches Gewerbe.

8. Der Henker thut manchem weh, ein loser Schwätzer noch viel meh.


9. Henker und Teufel sind unsers Herrgotts Scharfrichter.Luther's Tischr., 441b.


10. Soll's dem Henker, so hol's der Henker.

Böhm.: Co jest popovo, to bud' hotovo. – Co komu, to tomu. (Čelakovsky, 105.)


11. Vom Henker gibt's keine Appellation.

Böhm.: Kat nejvyšší úřad. (Čelakovsky, 355.)

Poln.: Kat najwyższy (ostatni) urzad. (Čelakovsky, 355.)


12. Was der Henker mit dem Schwert erreichen kann, das ist sein.Pistor., I, 43; Hillebrand, 66, 96; Eisenhart, 24; Eiselein, 298; Simrock, 4550.

Nach diesem jetzt veralteten Sprichwort durfte früher der Henker sich diejenigen beweglichen Sachen eines Selbstmörders aneignen, welche er neben dessen Leichnam stehend mit dem Schwerte oder einem andern Werkzeug, das er zu Hülfe nehmen durfte, z.B. Hammer, Speer, Axt, Messer, Sichel, berühren konnte. Ueber dies mittelalterliche Recht vgl. Grimm, Rechtsalt., 68.


13. Was kann man einem Henker Bessers schenken als einen Galgen!


14. Wenn man nicht Hencker het noch Schwert, so blieb einem weder Kuh noch Pferd. Petri, II, 668.


15. Wer beim Henker sucht Gnade, und Liebe bei der Hur', der ist auf einer falschen Spur.

Böhm.: Darmo hledati u kata lítosti, u kurvy milosti (stydlivosti). (Čelakovsky, 122.)


16. Wer dem Henker auch entläuft, entläuft deshalb dem Teufel nicht.Simrock, 4556; Körte, 2747; Braun, I, 1273.


*17. Ahn hengers dank.Lauremberg, II. Anhang, XI, 9.

D.i. ohne jemandes Dank, unnützerweise. Henker gehört zu den Glimpfformen unserer Sprache und steht hier als Verhüllung für Teufel. Prof. A. Stöber hat im Elsass folgende Ausdrücke und Redensarten, in denen Henker in dieser Weise vorkommt, gefunden. Zum Henker! Zuem Henker au! Bîm Henker! Was Henkers au! D'r Deihenker! (Dei = Teufel.) Ei d'r Deihenker! Was Deihenkers! Pfi Deihenker! Potz Deihenker! Bîm (zuem) Deihenker! 'S Deihenkers Dank (für Teufels Dank, auch blos Henkers Dank). (Frommann, II, 505.)

Mhd.: Ane dank.


*18. Das ist dem Henker nichts werth.


*19. Das mag der Henker glauben.Eiselein, 298.

Lat.: Credat Judaeus Apella. (Eiselein, 298.)


*20. Dass dich der Henker.Kritzinger, 250a.


*21. Davon versteht der Henker nichts.Kritzinger, 233a.


*22. Dem hencker beichten.Franck, II, 16b; Henisch, 255, 67; Körte, 2747a; Braun, I, 1274; Reinsberg IV, 72.

Die Theilnahme und Mitleid suchen, wo sie nicht zu finden sind. Um die lateinische Redensart: Apud novercam queri, durch deutsche auszudrücken, hat Franck a.a.O. der obigen noch folgende beigefügt: (Das Leid) seiner stieffmuter klagen. Er clagts eim rechten. Der esel beicht dem Löwen, das schaf dem wolff. Es ist jm eben so leyd, als so eim esel ein sack entpfelt.

Holl.: Hij gaat bij den beul te biecht. (Harrebomée, I, 51a.)


*23. Dem Hencker seine Noth klagen.Sutor, 377.

Lat.: Apud novercam quaeri. (Seybold, 32.)


*24. Dem Henker zuhören.Murner, Nb., 35.

Holl.: Onder den blaauwen hemel komen. (Harrebomée, I, 303.)


*25. Den Henker ums Brot bringen.


*26. Der hencker ist pfarherr worden.Franck, II, 96b.

»Da einer zu ehren auffsteigt wieder iedermanns hoffnung.« Franck fügt als verwandte hinzu: »der hirt ist wirt, der zanbrecher prediger.«


*27. Der Henker hat's geholt.Kritzinger, 233b.


*28. Der Henker ist los.Kritzinger, 203a.


*29. Der Henker schlägt seine Grossmutter.

Es ist bald Regen, bald Sonnenschein.

Frz.: Le diable bat sa femme. (Kritzinger, 233a.)


[507] *30. Der Henker soll ihm den Lohn geben.Murner.

Auch mit dem Zusatz: Geh' zum Henker und lern' das Hexen!

Holl.: Loop naar den hemel, en verkoop je aan de hel. (Harrebomée, I, 303.)

Lat.: Ad corvos. (Apostol., 9.)


*31. Der Henker soll ihm die Augen ausstechen und der Teufel in die Luken scheissen.Eiselein, 298.


*32. Der Henker wird auf seiner Hochzeit tanzen.

Er wird gehängt werden. Man hat dafür auch die Redensart: Die Raben (s.d.) werden bei ihm Freitafel halten. Er wird in der Luft das Luftschöpfen vergessen. Er wird Feldbischof (s.d.) werden und den Segen mit den Füssen geben. Er wird mit einer Seilerstochter (s.d.) Hochzeit machen. Er wird ins Kloster der dürren Brüder gehen. In Holland nennt man den Henker oder Scharfrichter den haarlemschen Doctor, und man sagt sprichwörtlich von einem, der seine Strafe ohne Gnade empfangen hat: Hij heeft van den Haarlemschen dokter de benedictie op het schavot ontvangen. (Harrebomée, I, 270.)


*33. Des Henkers (Teufels) Grossmutter ein Bein abschwören.Eiselein, 298.


*34. Du werst in des Henkers Kök kam'n.Eichwald, 769.


*35. Ei, des Henkers.Eiselein, 298.


*36. Einen dem Henker überantworten.

Frz.: Mettre quelqu'un entre les mains du bourreau. (Kritzinger, 85b.)


*37. Er ist dem Henker entronnen. (S. Galgen.)


*38. Er ist dem Henker zuvorgekommen.

Frz.: Il a anticipé la main du bourreau. (Kritzinger, 85b.)


*39. Er ist des Henkers nicht werth.

Frz.: Il ne vaut pas le pendre. (Kritzinger, 702a.)


*40. Er wird dem Henker nicht entlaufen.

Frz.: La potence ne manquera pas. (Kritzinger, 554a.)


*41. Er würde den Henker fressen, wenn er nicht zappelte.


*42. Es geht alles zum Henker.

Frz.: Tout y va, la paille et le foin. (Lendroy, 1125.)


*43. Es ist zu allen Henkern gegangen.Kritzinger, 233b.


*44. Geh zum Henker.

In derselben Bedeutung sagen die Magyaren: Geh zum Tataren! (Reinsberg V, 47.)

Lat.: In malam crucem abi. (Plautus.) (Binder II, 1444.) – In orci culum incidat. (Philippi, I, 201.) – Vade malis avibus. (Binder II, 3446.)


*45. Goa noa'm Henker un lêr dat Hexen. (Büren.)


*46. Hol's der Henker, Gott gibt's wieder. (S. Fuchs 423 u. Geier 18.) – Frischbier2, 1568.


*47. In des Henkers Küche kommen.Körte, 2747c.

Auf den Schindanger.


*48. In Henkers Händen sein.

Holl.: Hij zit onder beuls handen. (Harrebomée, I, 51a.)


*49. Wenn der Henker stürbe, ich erbte doch nichts.Kritzinger, 233a.


*50. Wider des Henkers Dank (Willen) etwas behaupten (verlieren).Eiselein, 298.

Lat.: Volens nolente animo. (Eiselein, 298.)


*51. Zum Henker!Eiselein, 298.


*52. Zum Henker, sagte der Schinderknecht.

Böhm.: Nesmĕjte se popovi, jste sami takovi. (Čelakovsky, 82.)


*53. Zum Henker scher' dich.


[Zusätze und Ergänzungen]

54. Der Henker danke dem Schiedsmann, wenn das Balgen geschehen ist.Köhler, 23, 7.


55. Man fürchtet den Henker, aber nicht das Gewissen.Wirth, I, 110.


56. Wen der Henker einmal unter den Händen hat, der kann dem Tode nicht entgehen.

Poln.: Dobierze się do niego Dubrawski, nieminie go Wyszomirska grusza. (Kijew, 14.)


57. Wenn der Henker fortläuft, die Diebe holen (suchen) ihn nicht.


*58. Dem Hencker die Werckstadt ziehren.J. Döpler, I, 502.


*59. Sein eigener Hencker werden.J. Döpler, I, 527.

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 5. Leipzig 1880, Sp. 1424.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika

Buchempfehlung

Lewald, Fanny

Jenny

Jenny

1843 gelingt Fanny Lewald mit einem der ersten Frauenromane in deutscher Sprache der literarische Durchbruch. Die autobiografisch inspirierte Titelfigur Jenny Meier entscheidet sich im Spannungsfeld zwischen Liebe und religiöser Orthodoxie zunächst gegen die Liebe, um später tragisch eines besseren belehrt zu werden.

220 Seiten, 11.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Spätromantik

Große Erzählungen der Spätromantik

Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 große Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religiösen sind die Themen der Spätromantik. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.

430 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon