Piepmeier

Piepmeier (s. Eselsfresser, Pickfiester, Rundkopf und Uncle Sam).


* Es ist ein Piepmeier.

Wie Personen, Ortschaften, Völker ihren Spitznamen führen (s. Eselsfresser und Oesterreicher 2), so haben sich auch die politischen Parteien gegenseitig mit dergleichen belegt. Ich erinnere nur an die »Wühler« (Fortschritt) und »Heuler« (Reactionäre) aus dem Jahre 1848, während für die Mittelpartei die Bezeichnung »Piepmeier« in Gebrauch kam. Der Niederdeutsche erfand damals für die sogenannte Verfassungspartei (Constitutionellen) den Ausdruck Putscheneller (Policinelli). Zehn Jahre früher standen in der Schweiz die »Hörner« (Conservative) und »Klauen« (Fortschrittsmänner) im erbitterten Kampf widereinander. Im frankfurter Parlament gab es einen Reichscanarienvogel (Rösler von Oels), einen Reichsgestaltenseher (Bassermann), ein Reichswiesel (Wuttke), in dem Göttinger Waitz, der von der Tribüne mit geschlossenen Augen zu sprechen liebte, eine Reichsblindschleiche, und eine Reichsthräne (Venedey), wie in Lichnowsky den Ritter Schnapphansky und in Grumbrecht den Mirabeau der Lüneburger Heide. In neuerer Zeit hat der berliner Witz die Tulpensoiréen des Reichskanzlers parlamentarische Mäusefallen getauft. Die czechische Politik nennt das Neue Fremdenblatt (warum?) Pomeisl. Dr. Strousberg in Berlin führt den Namen Eisenbahnkönig; Napoleon III. hiess Er, Palmerston abgekürzt »Pam«, Prinz Jerôme heisst »Plon-Plon«. Als im Jahre 1839 Dr. David Strauss an die züricher Hochschule berufen wurde, geriethen Stadt und Canton in eine giftige Spaltung. Die Anhänger des Dr. Strauss wurden die »Straussen« genannt. (Vgl. Buch der Welt, Stuttgart 1872, Nr. 5, und Spitznamen in der Morgenpost, Wien vom 22. April 1872.)

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 3. Leipzig 1873, Sp. 1344.
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