Pickfiester

Pickfiester (s. Eselsfresser).


* Es ist ein Pickfiester.

Nicht blos Ortschaften, Völker u.s.w., auch ganze Berufsarten haben ihre Spitznamen. So heisst der Schuh macher hochdeutsch Meister Knieriem, während ihm der Plattdeutsche mit dem unübersetzbaren Namen [1342] Pickfiester bezeichnet; der Kleidermacher und maître tailleur wird zum Ziegenbock oder kurz und gut Bock, der Bäcker heisst Deigap (Teigaffe), der Müller Mattendeiw (Metzendieb), der Maurer Swälk (Schwalbe). Der Apotheker wird Pillendreher, der Zahnarzt Gagelrath, der Krämer Dütendreher, ein Kaufmannslehrling oder Gehülfe Ladenschwengel oder Schwung, der Bauer oder Landmann Klutenperrer (Schollentreter), die Ackerbaubeflissenen ein Strom (Stromus vulgaris campester wasserstiefelensis) genannt. Der Förster führt bei den Plattdeutschen drei Bezeichnungen: er heisst Telgenvagt, Fossschinner und Bültenspringer, wie die geheimen Polizisten in Wien bald Spitzel, bald Naderer, bald Vertrauter genannt werden. In Norddeutschland heisst ein Polizeidiener Vagel Grîp (Vogel Greif). Der Postillon ist als Schwager, der Matrose als Theerjacke allgemein bekannt; der Geistliche wird als Leichenbegleiter Paradieskutscher, als Wächter des Sonntagsgesetzes schwarzer Gensdarm genannt, der Küster Hinterviertel der Geistlichkeit, wie Sakristeibüttel, der Hauslehrer Arschpauker, der Schulmeister Bildhauer, der Seminarist als solcher Semmelchrist, als Hauslehrer Lesebengel. Der Mönch muss sich Nonnerich nennen lassen. In Frankreich wurden die Nonnen vom Orden des heiligen Bernhard wegen ihrer schwarzweissen Tracht Elstern genannt. Die Hebamme, welche im Hochdeutschen »weise Frau« genannt wird, verwandelt der Niederdeutsche in eine »Mutter Griepsch«. Sogar für die Frommen von Fach gibt es eine Menge Spitznamen, als Betbrüder und Betschwestern, Dunkelmänner, Mucker, Mystiker, Pietisten, Stille im Lande, Zionswächter. Es wird häufig angenommen, der Name Mucker sei in den dreissiger Jahren zu Königsberg in Preussen aufgekommen, als die dortigen Prediger Ebel und Diestel einen Verein beiderlei Geschlechts zu Wiederherstellung paradiesischer Unschuld und zu Erzielung eines neuen Messias gegründet hatten (vgl. Buch der Welt, Stuttgart 1872, S. 80); es ist dies aber irrig, da er nur aufs neue zur Anwendung gebracht worden ist, denn der Ausdruck findet sich bereits in dem Sinne von scheinheiliger Frömmler 1777 in Adelung's Wb., III, 594. Dafür aber, dass das Wort eigentlich einen Kaninchenbock bezeichnen soll, habe ich nirgends eine Beweisstelle oder Quelle finden können. Auch in höhern Kreisen findet sich die Neigung für Beinamen. In dem geheimen, zwölf auserlesene Mitglieder zählenden Ritterbunde, welchen der preussische Kronprinz Friedrich in Reinsberg gründete, führte jedes Mitglied seinen besondern Namen. Friedrich selbst hiess Le Constant, Suhm Diahane (der Offenherzige), Jordan Hephaestion, von Kayserling Caesarion. Im Mittelalter glänzten schon die Scholastiker mit Erfindung von Beinamen. Da gab es einen Doctor irrefragabilis, einen Doctor seraphicus, angelicus, fundatissimus. (Vgl. Buch der Welt, Stuttgart 1872, Nr. 5, wie Spitznamen in der Morgenpost, Wien vom 22. April 1872.)

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 3. Leipzig 1873, Sp. 1342-1343.
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