Quelle

1. An der Quelle ist (schmeckt) das Wasser am reinsten (besten).

Die Russen: Aus dem Quell schöpft man das reinste Wasser. (Altmann VI, 405.)


2. Aus bittern Quellen fliesst kein süsses Wasser.

Lat.: Non dulces rivi ex fonte effunduntur amaro. (Binder II, 2153; Palingen, 7, 76.)


3. Aus einer kleinen Quelle kann man den Durst auch stillen.

Dän.: Smaa brønde slukke og tørst. (Prov. dan., 92.)

Frz.: A petite fontaine boit-on à son aise. (Bohn I, 4.)


4. Aus einer schlammigen Quelle fliesst kein reines Wasser.


5. Aus kleinen Quellen entspringen oft grosse Flüsse.

Die Russen: An der Quelle ist auch die Wolga nicht tief. Die Abyssinier: Aus allen Quellen entspringen Flüsse, aus einer aber entspringt der Nil.

Lat.: Gratius ex ipso fonte bibuntur aquae. (Ovid.) (Binder I, 629; II, 1256; Schonheim, G, 12; Philippi, I, 171.)


6. Aus reiner Quelle kommt reines Wasser.

Lat.: A puro fonte pura defluit aqua. (Wiegand, 25; Faselius, 2; Philippi, I, 36.)


7. Besser eine Quelle im Hause, als an Nachbars Plumpe gehen.

Frz.: En la maison vault mieulx auoir fontaine que cisterne. – Mieulx vault loeuure dentendement que de memoire atoutes gens.

Lat.: Opus intelligentiae opere memoriae vegetius atque praestantius. – Praestat fontem domi quam cisternam habere. (Bovill, II, 26 u. 27.)


8. Die Quelle kann das Wasser nicht anders geben, als sie es hat (erhält).

Die Russen: Der Quell kann kein anderes Wasser geben, als der Berg. (Altmann VI, 387.)


9. Die Quellen hüpfen in den Bergen und schleichen im Thal.


10. Eine gute Quelle ist besser als zehn vertrocknete Brunnen.


11. Eine Quelle, die den Armen ihr Wasser versagt, lässt Gott vertrocknen.

12. Eine Quelle, die ihr Wasser nicht ins Thal schickt, wird nicht zum Fluss.

In Habesch: Wenn die Quelle zum Nil werden soll, dann wird sie auch die Ebene gewinnen.


13. Eine Quelle hat länger Wasser als ein Teich.


14. Eine schwache Quelle ist bald erschöpft.

Dän.: Smaa brønde ere snart øste (tømde). (Prov. dan., 92.)


15. Es ist eine böse Quelle, der man das Wasser pumpen (tragen) muss.

Dän..: Det er en ond brønd som man skal bare vand udi. (Bohn I, 359.)

Holl.: Het is een kwade wel daar men water in draagt. (Bohn I, 323.)


16. Es ist eine böse Quelle, welche das Meer lästert.


17. Gute Quellen erkennt man in der Dürre und Freunde im Unglück.


18. Je näher an der Quelle, je kälter der Christ. (Eifel.)


19. Man kann nicht überall eine Quelle bohren.

Frz.: Si tu allois au marne tu n'y trouverois point d'eau. (Leroux, I, 43.)


[1438] 20. Man muss an der Quelle schöpfen.Körte, 4865; Simrock, 8039.


21. Man muss nie zur Quelle sagen: Ich trinke nicht von deinem Wasser.

Man soll niemand verächtlich behandeln, da man nicht wissen kann, ob man ihn einmal braucht.

Frz.: Il ne faut pas dire, fontaine, je ne boirai pas de ton eau. (Lendroy, 771; Bohn I, 23.)


22. Nicht aus jeder Quelle wird ein Strom.

Die Russen: Nicht aus jeder Quelle entspringt eine Wolga. In der Krim heisst es: Nicht aus jeder Quelle rinnt Naphtha. (Krim. Bl.)


23. Wenn die Quelle voll Schlamm ist, kann das Wasser nicht klar sein.

Aehnlich auch die Chinesen Hlawatsch, 159.


24. Wenn die Quellen versiegen, vertrocknet auch das Meer.Sprichwörtergarten, 127.


25. Wenn du aus der Quelle schöpfen kannst, so trinke nicht aus einer Lache.

Die Russen: Erst aus der Quelle nippen und dann aus der Pfütze trinken. (Altmann VI, 513.)

Frz.: Il ne faut point puiser aux ruisseaux, quand on peut puiser à la source.

26. Wenn man auch aus krystallener Quelle mit goldenem Becher schöpft, dem Kranken schmeckt das Wasser bitter.


27. Wenn man die Quelle hier verstopft, so fliesst das Wasser daneben.

Die Russen: Die Quelle würde nicht aufhören zu fliessen, wollte man auch die Mündung zudecken. (Altmann VI, 125.)


28. Wenn's in die Quelle geregnet hat, merkt man es am Wasser.


29. Wer an der Quelle ist, kann selbst schöpfen.


30. Wer an der Quelle kauft, der kauft am besten.

Sowol, was Güte der Waare als Preis betrifft. Die Russen sagen: Magazinwaare gilt vor Kaufhofwaare, wenn nicht im Werth, so doch im Preis. (Altmann V, 98.)


31. Wer an der Quelle sitzt, darf nicht dürsten.

Die Russen: Wer an der Quelle sitzt und verschmachtet, dem geschieht recht. (Altmann V, 120.) Und: Wenn du an den Quellen von Mytisci verdurstest, so ist es deine Schuld. (Der Ort ist in der Gegend von Moskau berühmt durch seine Quellen.)


32. Wer an der Quelle trinkt, der hat das Wasser rein.

Frz.: Leaue en fontaine est doulce et clerc et puys deuient trouble et sallée.

Lat.: Aquae in fonte dulces et lympidae, in fluuio obturbidae, in mari salsae, amarae gustui iniucundae. (Bovill, III, 14.)


33. Wer aus der Quelle getrunken, wendet ihr den Rücken.

Ung.: Ki a' forrásból eleget ivott, háttal fordúl hozzá. (Gaal, 1734.)


34. Wer eine Quelle in der Nähe hat, der braucht sich keinen Brunnen zu graben.


35. Wer in vielen Quellen sucht, findet in einigen etwas.

Dän.: Hvo i mange brynde leder, kan finder ædder i somme. (Prov. dan., 93.)


36. Wie die Quelle, so das Wasser.Gaal, 261.

»Wie die Quelle, also die Wasser, die daraus fliessen.« (Petri, II, 788.)

It.: A tal pozzo, tal secchio. (Bohn I, 73.)


*37. Alle Quellen versiegen.

Lat.: Baccae egent oleo. (Philippi, I, 54.)


*38. Aus einer kleinen Quelle kann man auch seinen Durst stillen.Schulfreund, 85.


*39. Aus solchen Quellen kommen solche Wasser.Parömiakon, 2431.

Diese Handlungen können keine andern Folgen haben.


*40. Bei der Quelle stehen und vom Flusse reden.

Von fernen Dingen reden und die (näherliegenden) Hauptsachen übergehen.

Lat.: Omissis fontibus consectari rivulos. (Tullius.) (Erasmus, 15.)


*41. Die Quelle aufsuchen.


*42. Die (lebendige) Quelle verlassen und Brunnen graben (die kein Wasser geben). Jerem. 2, 13; Fabricius, 7.

»Von der Thorheit der Weltmenschen, die Gott verlassen.«


*43. Er hat aus einer guten Quelle geschöpft.

Holl.: Hij heeft het uit een goed kanaal. (Harrebomée, I, 379a.)


[1439] *44. Er ist an der Quelle.


*45. Es ist aus guter Quelle.Klix, 62.

Es muss wahr sein.

Lat.: A sexaginta viris nobis venit. (Philippi, I, 43.)


*46. Etwas von der Quelle herleiten.

Lat.: A capite arcessere. – A fonte ducere. (Tullius.) (Erasm., 4.)


[Zusätze und Ergänzungen]

47. Du kannst eine Quelle mit einem Stöpsel aufhalten, aber wird sie zum Flusse, so hält sie einen Elefanten auf.


48. Eine kleine Quelle macht den Fluss.

It.: Poco rampol fa fiume. (Giani, 1442.)


49. Wer sich gelabt hat an der Quelle, dreht ihr den Rücken auf der Stelle.

It.: Levata la sete, si voltano le spalle al fonte. (Giani, 1545.)


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 3. Leipzig 1873.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Lewald, Fanny

Clementine

Clementine

In ihrem ersten Roman ergreift die Autorin das Wort für die jüdische Emanzipation und setzt sich mit dem Thema arrangierter Vernunftehen auseinander. Eine damals weit verbreitete Praxis, der Fanny Lewald selber nur knapp entgehen konnte.

82 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon