Raubstaat

* Aus den Raubstaaten sein.

Zu den deutschen Raubstaaten gehören: Greiz, Schleiz und Lobenstein. Die Entstehung dieser scherzhaften Bezeichnung erklärt Brückner (Landes- und Volkskunde des Fürstenthums Reuss j.L.) so: »Die historisch oft wiederholte Zusammenstellung einerseits von ›Algier, Tunis und Tripolis‹ und andererseits von ›Greiz, Schleiz und Lobenstein‹ gab dem Humor der Studenten Mitteldeutschlands im vorigen Jahrhundert Veranlassung, den Namen der Raubstaaten von dem afrikanischen Kleeblatt auf das Land der drei reussischen Städte zu übertragen. Auch das Ortskleeblatt Pirk, Pfütz und Lerchenhügel (Reuss-Lobenstein- Ebersdorf) wird im Volksmund scherzhaft so bezeichnet.« – Wie der Volkswitz einzelne Personen, Städte u.s.w. mit Spitznamen versehen hat, so auch ganze Völker. (Vgl. Buch der Welt, Stuttgart 1870, Nr. 5.) Wer kennt nicht Lord Beefsteak, John Bull, Bruder Jonathan, Myn Heer und den deutschen Michel (s.d. und Eselsfresser). [1497] In Skandinavien gelten die Deutschen als Windbeutel, in den russischen Ostseeprovinzen gar als deutsche Schafdiebe, in Italien als maledetto Tedesco. Unser dänischer Nachbar heisst einfach Han; die Dänen in ihrer Gesammtheit werden von ihren norddeutschen Nachbarn Grützköpfe genannt; während der Freiheitskriege war der Name Schuckelmeyer in Gebrauch. Wie man von blinden Hessen, von Schwabenalter und Schwabenstreichen (s.d.) redet, so sind einige kleine deutsche Länder zu den Namen Raubstaaten gelangt.

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 3. Leipzig 1873, Sp. 1497-1498.
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