Scheinen

1. Nicht alles, was scheint, wird Gold vermeint. Parömiakon, 2338.


2. Oft scheint, wer weint.Sprichwörtergarten, 412.

Es ist nicht allen Thränen zu trauen.


3. Scheinen ohne zu sein, ist spinnen und nicht weben.

It.: Parere e non essere, è come filare e non tessere.


4. Scheint der Mann, so glänzt das Weib.Petri, II, 527.


5. 'T is bäter wat der schînt, as wat der quînt1. (Oldenburg.) – Bueren, 70; Eichwald, 1665; Firmenich, I, 233, 49; Frommann, II, 390, 62; Weserzeitung, 4077; Hauskalender, II.

1) Von quinen = kränkeln, siechen. Trost für die, welche dick und fett, d.h. scheinend werden. Ueber Quînen vgl. Frommann, II, 393, 62. Unter den oldenburger [120] Landleuten gelten hochrothe Wangen selbst dann noch als Zeichen der Jugendkraft und Gesundheit, für schön, wenn sie ins Violette übergehen. Alles was »miem« (mager, schwächlich), was »bleek« (bleich) und »leng« (blass, kränklich) aussieht, kann unter keiner Bedingung schön sein. Schütze (I, 97) bemerkt: Das Sprichwort wird gewöhnlich von Frauen mit voller, von Gesundheit zeugender Brust gebraucht.


6. Viele scheinen Engel und haben eine Legion Teufel im Herzen.


7. Von buthen schint es, von binnen quînt es. Braunschweig. Kalender.

Von aussen scheint es, inwendig dagegen ist es schmuzig.


8. Was man scheint, soll man auch sein.

It.: Tali dobbiamo essere, quali vogliamo comparire. (Cahier, 2860.)


9. Was nicht scheint, das gilt nicht.Petri, II, 606; Henisch, 1622, 31; Lehmann, II, 835, 161; Eiselein, 546; Simrock, 8915; Masson, 214; Graf, 453, 435.


10. Was scheint, das gilt.Lehmann, 28, 21.


11. Was scheint, oft treugt.Lehmann, 334, 35.


*12. Dat schînt as'n Karfunkel im Rôklocke. Eichwald, 949; Schlingmann, 782.


*13. Er scheint wie die Frühlingssonne.

Ist mild und warm in seinem Wirken. Eine jüdisch-deutsche Redensart lautet: Er scheint wie die Sünn in Tammes. Der vierte jüdische Monat, unserm Juli entsprechend. Von jemand, der sehr schön ist. Als Gegensatz dazu sagt man: Er scheint wie die Sünn in Tewes. Der Name des zehnten jüdischen Monats, unserm December entsprechend. Von jemand, der sich durch sein Aeusseres nicht empfiehlt.


*14. Es scheint wie Kraut und Böllen (Zwiebeln).

Es schint wie Grut und Bölle. (Sutermeister, 69.)


*15. He schinnt niet so domm wie he es. (Meurs.) – Firmenich, I, 404, 16.


[Zusätze und Ergänzungen]

16. Sei, was du scheinen willst, so wird der rechte Schein nicht fehlen.

Lat.: Quod vis videri, esto. (Sailer, Sprüche, 142, 144.)


[1700] 17. Wer nur herzlich scheint, ist ein falscher Freund.Devisenbuch, 217.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 4. Leipzig 1876.
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