Schildbürgerstreich

* Es ist ein Schildbürgerstreich.Braun, I, 3865.

Unter Schildbürgerstreichen versteht man dasselbe, was mit dem in der Rede ebenso oft, wenn nicht häufiger vorkommenden Schwabenstreichen, Hirschhauerstückchen u.s.w. gemeint ist. Uebrigens hat jedes Land und jede Provinz einen Ort, der zur Geburtsstätte aller Albernheiten bestimmt ist, und einen dieser Bestimmung angemessenen Ruf geniesst. Ausser Schilda gehört noch zu den deutschen Narrenstädten Schöppenstädt im Braunschweigischen, der Schauplatz der ersten Thaten Till's, Polkwitz in Schlesien, Ganslosen und Bopfingen in Schwaben, Damnau im preussischen Regierungsbezirk Königsberg, Büsum und Hastrup in Holstein, Teterow in Mecklenburg, Köpenick in Brandenburg, Beckum in Westfalen u.a. (Deutsche Romanzeitung, III, 44, 632.) Bei den Juden scheint es Nazareth gewesen zu sein. Sie haben übrigens, wie Wurzbach a.a.O. bemerkt, das Gleichgewicht hergestellt, und ihre Schildbürger wohnen in ganz stattlichen Städten; die Juden von Prag, Frankfurt a.M., Metz, Fürth und Worms sind nämlich die jüdischen Schildaer. Von einem dummen prager Juden heisst es: Der darf Narr zu Prag sein. (Tendlau, 120.) Die wormser Juden werden als aber- oder wundergläubig verspottet, wozu das bekannte wormser Máase-Nissim, Erzählungen von Wundern, welche sich in Worms zugetragen haben sollen, Veranlassung gegeben hat. Daher noch die jüdische Redensart: E wormser Nass (Tendlau, 986), d.i. ein wormser Wunder im spöttischen Sinne, wenn jemand eine gewöhnliche Sache zu etwas Ausserordentlichem macht. Der frankfurter Jude steht als frankfurter Gees ebenfalls im übeln Ruf. Und die metzer Juden lässt der Volkswitz sehr alt werden, weil sie nach der Behauptung eines berühmten Rabbi nicht vom Baum der Erkenntniss gegessen haben sollen.

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 4. Leipzig 1876, Sp. 179.
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