Verballhornen

* Es ist verballhornt.Büchmann, 8. Aufl., S. 99.

Joh. Ballhorn war ein lübeckischer Buchdrucker, der im 16. Jahrhundert lebte und ein hohes Alter erreichte, oder einen Sohn gleichen Namens hatte, der des Vaters Geschäft fortsetzte; denn schon im Jahre 1531 ging aus seiner Druckerei Die neue lütecker Kirchenrede und 1599 ein Passional hervor. Beide Schriften tragen keine Spur einer verkehrten Verbesserung an sich, die man Verballhornung nennt. Die Sage, als habe Ballhorn dem Hahn in der Kinderfibel einen Korb mit Eiern beigefügt und so die Veranlassung zu dem Sprichwort gegeben (s. Ballhorn), ist ohne Grund, da der Fibelhahn erst im 18. Jahrhundert erfunden ist. Schuppius in seinen deutschen Schriften sucht die Entstehung der Redensart in einer von dem genannten Buchdrucker ausgegangenen Vermehrung des deutschen Alphabets durch die Doppelbuchstaben: ff, ll, ss, aber es findet sich nicht einmal ein von Joh. Ballhorn gedrucktes Abc-Buch. Ebenso unbegründet ist die Vermuthung des Professor Heumann, der in seinem Poecile behauptet, dass einige Lückenbüsserstellen aus Cicero und Quinctilian, mit denen Ballhorn eine leere Seite in J. Rivii Epitome in verborum et rerum copiam ausgefüllt hat, jene Redensart veranlasst habe. Eine neue Erklärung gibt der Braunschweig. Anzeiger (1764, Nr. 73), die auch Siebenkees(Jur. Magazin, I, 528) wieder abdrucken liess; allein dass das im Jahre 1586 erschienene Lübecker Stadtrecht den Zusatz getragen habe: »Vermehrt und verbessert durch Joh. Ballhorn« ist trotzdem, was E. I. Bahring (In clave diplom., S. 19) behauptet und dann in Siebenkees' Magazin zur Entschuldigung hinzugefügt wird, durchaus erdichtet. Aber dessenungeachtet scheint dies revidirte lübecker Stadtrecht, das Joh. Ballhorn zuerst (1556) druckte, die Quelle zu sein, die des Buchdruckers Namen ohne sein Verschulden in Verruf gebracht hat. Man war mit der Revision des Stadtrechts, so sehr man sie gewünscht, als einer verfehlten Arbeit allgemein unzufrieden. Die Holsteiner und Mecklenburger hätten nun wol ihren Vorwurf auf den Senator von Stieten, der die Revision ausgeführt, schleudern sollen; allein sie wälzten die Schuld auf den Unschuldigsten, auf den Buchdrucker Ballhorn, weil dessen Name auf dem Titelblatt stand. Mit Unrecht führt Gasser (In praelectionibus ad codic., S. 260) den Buchdrucker Joh. Ballhorn unter den Commentatoren des lübecker Stadtrechts auf; aber die Schmach, die den Namen des letztern getroffen, trägt er unverschuldet.

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 1. Leipzig 1867, Sp. 1528-1529.
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