1. Feiner Zwirn hält nicht.
Dän.: Smaal traad holder intet. (Prov. dan., 241.)
2. Guter Zwirn gibt feste Naht.
3. Man muss den Zwirn nicht anders einfädeln, als am Nadelöhr. – Altmann VI, 403.
4. Man muss den Zwirn vernähen, wie er gesponnen ist.
[676] 5. Ohne Zwirn macht man aus dem bessten (schönsten) Zeuge kein Kleid.
Wir sind der Zwirn, mit dem die Kleider des Königs gemacht (d.h. die Eroberungs-, Raub- und Verwüstungszüge ausgeführt) werden, rief ein weibliches Mitglied aus dem herrlichen Kriegsheere des afrikanischen Königs von Dahome. (Schattenbild aus Dahome von K. Andree. Hausblätter, 1861, 2. Bd.)
6. Wenn man mit Zwirn näht, wird er kürzer.
»Saht ers wenn ma mit Zwirne neht, wird a kürzer.« (Keller, 170a.)
7. Wer 'n Zwirn nit spârt, kummt sein Lebtâg zu käun Knâl. (Steiermark.)
Zu keinem Knäuel.
8. Wer wirren Zwirn ordnen will, muss sich Zeit nehmen.
Die Chinesen: Je mehr man eilet, eine Strähne Zwirn auseinander zu wickeln, desto mehr verwirrt man dieselbe. (Hlawatsch, 742.)
9. Wie Zwirn, so Naht; wie Gesetz, so Staat.
10. Zwirn und eine Nadel, das ist das halbe Kleid.
*11. A verschtît sich uw a blôe Zwern. (Schles.) – Frommann, III, 414, 549.
*12. Das ist mit blauem Zwirn genäht. – Körte, 7202a.
Von unhaltbaren Behauptungen und Beweisen.
*13. Das war schlechter Zwirn.
Mittel und Verfahren taugten nichts.
*14. Der Zwirn gît em aus. (Siebenbürg.-sächs.) – Frommann, V, 173, 126; Frischbier, 4193.
Seine Gedanken sind erschöpft, er weiss nichts mehr zu sagen. In Ostpreussen auch, um männliche Unfruchtbarkeit zu bezeichnen.
*15. Der Zwirn ist (war) aus schlechtem Garn gesponnen.
*16. Du himmelblauer Zwirn!
Ausruf der Entrüstung.
*17. Er hat den guten Zwirn früher in schlechte Säcke vernäht. – Körte, 7202b.
Wenn z.B. des ledigen Lebemanns endlicher Ehestand kinderlos bleibt.
*18. Er will seinen junge Zwirn in keine alten Lumpen vernähen.
Von jungen Männern, die keine alten Frauen heirathen wollen.
*19. Ich will diesen verwirrten Zwirn nicht aufwickeln.
Von einer sehr verworrenen Angelegenheit.
Frz.: Donner du fil à quelqu'un. (Lendroy, 750.)
*20. Sein Zwirn ist alle (zu Ende).
Seine Mittel sind erschöpft.
*21. Sich auf blauen Zwirn verstehen.
*22. Sie hat blauen Zwirn feil. (Meiningen.)
Von einem Mädchen, das zum Tanz gegangen ist, aber nicht dazu aufgefordert wird.
*23. Sie ist vom Zwirn auf die Nadel gekommen.
Sie ist von einem aufs andere gekommen, hat alles haarklein mit allen Nebenumständen erzählt.
*24. Solcher Zwirn gibt solche Naht.
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