Aloe, die

[221] Die Àloe, plur. car. ein Nahme, der verschiedenen ausländischen Producten des Pflanzenreiches beygeleget wird. 1) Einem Indianischen Baume, dessen Holz bitter und schwer ist, aber, wenn es auf Kohlen gelegt wird, einen angenehmen Geruch gibt; Aloeholz, Paradiesholz, Xylaloe, Agallochium. Die beste Art davon, welche in Indien selbst sehr kostbar ist, wird daselbst Calambac genannt. Dieser Aloe geschiehet in der Bibel einige Mahl Meldung, und unter andern auch Ps. 45, 9. wo sie im[221] Hebräischen im Plural אהלים genannt wird. 2) Einem andern Indianischen und Chinesischen Baume, dessen Holz gleichfalls selten ist, und fast wie das wahre Aloeholz riecht. Die Spanier nennen es Lacca, die Deutschen aber Adlerholz, Augenholz, Kreuzholz. 3) Einer Pflanze, welche in Ostindien, Zeylan und Guinea wächset, und auch Syracinthen-Aloe genannt wird; Aletris, L. 4) Einer Pflanze, welche sehr viele Unterarten unter sich begreift, welche insgesammt in Ostindien und Afrika zu Hause sind. Eine Art ausgenommen, welche bey dem Blakwell die wahre Aloe heißt, und in Italien und Sicilien auf den Dächern und Mauern wächset; Aloe, L. 5) Noch einer andern Pflanze, welche in Amerika zu Hause ist, aber jetzt in Portugall und Spanien sehr häufig wächset, und bey den Deutschen Gärtnern eigentlich unter dem Nahmen der Aloe, oder der Amerikanischen Aloe bekannt ist; Agave, L. 6) In den Apotheken, einem bräunlichen, harzigen Schleimsafte, welcher hart und brüchig ist, einen durchdringend bittern und ekeln Geschmack und widrigen Geruch hat, und von einer Abänderung der Num. 4 beschriebenen Aloe-Pflanze in Ostindien, Afrika, und den Amerikanischen Inseln gesammelt wird. Die reinste Art desselben, welche eine reine Leberfarbe hat, wird Leber-Aloe, die gröbste unreinste Art aber Roß-Aloe genannt.

Anm. Gemeiniglich glaubt man, daß dieser Nahme aus dem Griechischen ἁλς komme, weil alle diese Pflanzen über Meer nach Europa gebracht werden. Allein es scheint vielmehr, daß der Num. 1 angezeigte Hebräische Nahme das Stammwort sey. Der bittere Geschmack, welchen das daselbst beschriebene kostbare Holz hat, ist vielleicht die Veranlassung gewesen, das bittere Gummi gleiches Nahmens, und die Pflanzen, welche es liefern, gleichfalls so zu benennen. Isidor unterscheidet schon die Aloa, arborem odoris suavissimi ac summi, von der Aloa, herba amarissimi succi.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 221-222.
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