Angst

[309] Angst, ein Adverbium, mit Angst behaftet, Angst empfindend, welches aber nur mit den Zeitwörtern seyn, werden und machen, und der dritten Endung der Person gebraucht wird. Mir ist angst. Ist ihnen denn noch immer angst? Gell. Einem angst[309] machen, nicht einen. Nun wird mir selbst angst, Gell. Ingleichen in Verbindung mit bange, welches mit angst ursprünglich einerley Bedeutung hat. Einem angst und bange machen. Reden sie nicht so gleichgültig; es wird mir angst und bange dabey, Gell. S. Bange.

Anm. Die meisten Sprachlehrer nennen dieses Wort ein indeclinables Adjectiv, welches nur im Nominative und Accusative gebraucht werde. Warum nennet man es nicht lieber gerade zu ein Adverbium, da es sich nur allein mit Verbis, nicht aber mit Substantiven verbinden lässet. Einem angst thun, Es. 9, 1. ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. In Niedersachsen sagt man häufig, ich bin angst, und es gibt auch wohl Hochdeutsche, welche diese Form vertheidigen, weil man ja auch, ich bin fröhlich, ich bin traurig, sage. Allein, man bedenkt nicht, daß hier zwey ganz verschiedene Fälle sind. Fröhlich und traurig sind wahre Adjective, ein fröhliches Herz, ein trauriger Mensch. Allein angst ist ein bloßes Umstandswort, welches nicht als ein Adjectiv gebraucht werden kann, und sich nur vermittelst des Datives auf ein Subject anwenden läßt. Eben so sagt man, mir ist wohl, mir ist weh, es ist mir leid, es ist mir zuwider u.s.f. S. auch Bange.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 309-310.
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