Ausschlagen

[635] Ausschlagen, verb irreg. (S. Schlagen,) welches in doppelter Gattung üblich ist.

I. Als ein Activum.

1. Heraus schlagen, durch Schlagen heraus bringen. Ein Fach in der Wand ausschlagen. Einem ein Auge, einen Zahn ausschlagen. Das Getreide mit Flegeln ausschlagen, dreschen. Die Erze ausschlagen, in dem Bergbaue, sie mit dem Ausschlagefäustel klein schlagen, um das Erz von dem tauben Gesteine abzusondern; welches von besondern Arbeitern geschiebet, welche daher Ausschläger genannt werden. Ein Ey ausschlagen, metonymisch, es mit einem Schlage öffnen und ausleeren. In weiterer Bedeutung dient dieses Wort verschiedene besondere Fälle auszudrucken, in welchen eine Sache vermittelst einer heftigen Bewegung aus der andern gebracht wird. Dem Hirsche sein Gehörn ausschlagen, heißt bey den Jägern so viel als es ihm abhauen. Die Zimmerleute schlagen einen Baum, den sie beschlagen wollen, aus, wenn sie senkrecht herunter einige Späne heraus hauen, damit die Späne bey dem Beschlagen nicht zu lang werden. Und in figürlicher Bedeutung werden in dem Forstwesen Bäume ausgeschlagen, wenn sie mit dem Waldeisen bezeichnet und dadurch von andern Bäumen ausgesondert werden.

2. Aus einander schlagen. So werden in den Münzen die Schrötlinge ausgeschlagen, wenn man sie breit und eben schlägt; und bey den Jägern werden die Leinen ausgeschlagen, wenn sie sich verschlungen oder verwickelt haben. Die Weißgärber schlagen die Felle aus, wenn sie selbige aus dem Äscher nehmen und aufhängen; wo aber auch die vorige Bedeutung Statt finden kann.

3. Inwendig beschlagen. Ein Zimmer mit Tapeten, einen Schrank mit Leinwand, einen Kasten mit Wachstuch ausschlagen.

4. Auswärts schlagen. Wenn die Kupfer eines Buches ausgeschlagen werden sollen, so müssen sie an Falze gesetzet werden. Bey den Schneidern und Kürschnern bedeutet ausschlagen, mit einer Verbrämung versehen.

5. Von sich wegschlagen. 1) Eigentlich. Einen Stoß ausschlagen, in der Fechtkunst, für pariren. 2) Etwas, das angebothen wird, nicht annehmen wollen. Ein Amt ausschlagen. Er hat diesen Antrag gänzlich ausgeschlagen. Sie werden mir doch diesen Strauß nicht ausschlagen? In Oberdeutschland gebraucht man dieses Zeitwort in noch weiterm Umfange der Bedeutung, für versagen, verachten.

[635] Schlag aus sein sündliches Begehren,


heißt es bey dem Opitz, Ps. 141; und an andern Orten sagt man auch, guten Rath, Warnungen, Ermahnungen ausschlagen. Allein im Hochdeutschen ist dieser Gebrauch eben so ungewöhnlich, als die Arten zu reden, sich die bösen Gedanken, die Sorgen ausschlagen, aus den Gedanken schlagen.

II. Als ein Neutrum, in welcher Gattung es wieder auf doppelte Art gebraucht wird.

1. Mit dem Hülfsworte haben. 1) Anfangen zu schlagen, den ersten Schlag thun. Wer hat ausgeschlagen? wer hat den Anfang der Schlägerey gemacht? 2) Von sich schlagen, auswärts schlagen. Das Pferd hat mit dem Fuße ausgeschlagen. Hinten ausschlagen, von den Pferden. Figürlich kommt ausschlagen in dieser Bedeutung in der Wapenkunst für ausstrecken vor. Mit ausgeschlagener Zunge, wird daselbst von dem Adler gebraucht, dagegen man dem Löwen eine vorgeschlagene Zunge beyleget. 3) Sich auswärts neigen, besonders von der Zunge in der Wage, und metonymisch von der Wage selbst, wenn sie durch ein Übergewicht in der einen Schale aus dem wagerechten Stande gebracht wird. Die Wage schlägt aus. Die Wage ausschlagen lassen. 4) Bis zu Ende schlagen. Ehe es neun ganz ausschlägt, von der Uhr. Ingleichen von den Sangvögeln. Der Vogel schlägt nicht ganz aus, schlägt sein Stück nicht bis zu Ende. Einen Vogel nicht ausschlagen lassen. Ferner, aufhören zu schlagen. Die Nachtigallen haben nunmehr ausgeschlagen, wenn sie nicht mehr schlagen.

2. Mit dem Hülfsworte seyn, so fern schlagen eine hervor keimende Bewegung von innen nach außen andeutet, an der Oberfläche zum Vorscheine kommen. 1) Von den Knospen der Bäume und Gewächse. Die Knospen schlagen aus. Noch mehr aber metonymisch. Die Bäume sind schon ausgeschlagen, haben Knospen getrieben. Wenn der Weinstock ausschlagen wird. 2) Wenn die Dünste an den kalten Wänden frieren, und also eine Art von Reis hervor bringen, sagt man gleichfalls, die Wände schlagen aus, die Kälte schlägt an den Wänden aus. Ingleichen, die Kälte schlägt mir aus, wenn die eingezogene kalte Luft in der Wärme nach den äußern Theilen des Leibes gehet, und daselbst ein Schauern verursachet. 3) Von den Unreinigkeiten des menschlichen Körpers, wenn sie nach der Oberfläche zu dringen, und auf der Haut zum Vorscheine kommen. Die Krätze schlägt bey ihm aus. Noch mehr aber metonymisch: im Gesichte, am Kinne ausgeschlagen seyn. Er ist am ganzen Leibe ausgeschlagen. 4) Figürlich, zum Vorscheine kommen, sichtbar, merklich werden. Wenn eine brennbare Materie Feuer fänget, so glimmet sie, dann fängt es an zu brennen, es lodert, und schlägt endlich in helle Flammen aus.


Gern wär er, allzu gern, in Flammen ausgeschlagen,

Less.


Die Krankheit schlägt bey ihm aus, kommt zum Ausbruche. Die Krankheit ist in ein Fieber ausgeschlagen. 5) Ingleichen, einen Ausgang gewinnen, besonders in Rücksicht auf dessen Beschaffenheit. Die Sache ist wohl, ist übel ausgeschlagen. Die Sache ist anders ausgeschlagen, als man dachte. Damit diese Verwirrung zu keiner Unordnung ausschlage. Beruhigen sie sich, die Wirkung dieses kleinen Betruges wird unfehlbar zu ihrem Vortheile ausschlagen, Weiße.

Anm. Das Substantiv, die Ausschlagung, ist größten Theils nur in der ersten Bedeutung des Activi gewöhnlich; in den meisten übrigen Bedeutungen ist Ausschlag eingeführet. Einen ausschlagen, verweisen, ist veraltet, und das Essen ausschlagen, für anrichten, ist Oberdeutsch.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 635-637.
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