Baldachīn, der

[698] Der Báldachīn, des -es, plur. die -e, ein beweglicher Himmel, eine zierlich ausgespannte Decke über einen Altar, Sitz u.s.f. ein Prachthimmel, Tragehimmel, Thronhimmel. Unter einem Baldachine sitzen, einher gehen.

Anm. Baldachin, Ital. Baldachino, Franz. Baldachin, und Baudequin, alt Englisch Bandekin, kommt seit dem 12ten Jahrhunderte in den Europäischen Sprachen vor, und wird in dem Lateine der damahligen Zeiten bald Baldakinus, Baldekinus, Baldekinius, Baldechinus, bald aber auch Baldochinus, Bandaquinus und Baudequinus geschrieben. S. du Fresne und Carpentiers Glossaria. Allein es bedeutete anfänglich einen kostbaren mit Gold gewirkten Zeug, und wurde erst nachmahls von einer aus solchem Zeuge gemachten beweglichen Decke gebraucht. Um das Jahr 1278 wird Baldekin durch purpura vel Samyt erkläret. Bey dem Carpentier kommt Baldicuarius für einen Sticker vor. In den Niedersächsischen Urkunden ist Boldek ein Thronhimmel, welches mit Baldicum in den Annal. Colmariens. bey dem du Fresne überein kommt. Um Bremen bedeutet Boldten noch jetzt ein Leichentuch. Wachter leitet dieses von dem Wallisischen Pali, Seide, und Dach ab. In dem Bremisch-Niedersächsischen Wörterbuche hingegen, wird es durch das noch jetzt in Niedersachsen übliche Boll oder Polle, das Haupt, und Decke, erkläret. Allein der ausländische Klang dieses Wortes macht es noch immer wahrscheinlich, daß es fremden Ursprunges ist, und einen Zeug bedeutet, der in Baldach, dem neuern Nahmen der Stadt Babylon, gewirket worden, und den die Kreuzzüge in Europa bekannt gemacht; so wie der Nahme des Damastes, von der Stadt Damascus seinen Ursprung hat. Die Babylonischen Zeuge kommen schon bey dem Plinius und Plutarch vor, und in der Schweiz heißt ein gewisses Blumengewirk von Wolle noch jetzt heidnisch Werk.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 698.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: