Busen, der

[1276] Der Busen, ehedem Busem, des -s, plur. ut nom. sing. 1. Eigentlich eine jede gebogene Fläche, welche nunmehr veraltete Bedeutung sich nur noch in dem Worte Meerbusen findet. In etwas engerer Bedeutung, eine Falte. So gebrauchen noch die Jäger dieses Wort, wenn sie einem Garne Busen geben, d.i. Falten darein machen, damit sich das Wild desto eher darin fange. Bey eben denselben wird auch das kleine inwendige gestrickte Garn, welches zwischen die Spiegelnetze zum Fangen eingebunden wird, vielleicht aus eben der Ursache ein Busen oder Ingarn genannt. 2. In engerer Bedeutung, die Falten und die Öffnung in der Kleidung vor der Brust. 1) Eigentlich, besonders in Rücksicht auf die Kleidertracht der Alten. Die Hand in den Busen stecken. Auch schüttelte ich meinen Busen aus und sprach u.s.f. Nehem. 5, 13. Kann auch jemand Feuer im Busen behalten, daß seine Kleider nicht brennen? Sprichw. 6, 27. Etwas in dem Busen tragen, auch figürlich, liebreich verpflegen, warten. Eine Schlange im Busen tragen, einem heimlichen Feinde, welcher in Zukunft schaden wird, Gutes erweisen. In seinen Busen greifen, sich selbst zu erkennen suchen.


Der Feige fällt weit eh, als der, der den Gefahren

Mit offnem Busen trotzt,

Weiße.


2) Figürlich. (a) Derjenige Theil des Leibes, der dadurch bedeckt wird, die Brust, doch nur bey dem andern Geschlechte. Ein voller Busen. Sanfte Empfindungen dehneten den wallenden Busen. (b) Nach einer noch weitern Figur, die Brust, das Herz, in dem figürlichen Verstande dieser Wörter. Alle Leidenschaften toben in meinem pochenden Busen zu heftig, Dusch. Noch nie war die Liebe in seinem Busen erwacht, Geßn. (c) Die Person selbst, welcher Gebrauch doch außer der biblischen Schreibart nicht Statt findet. Und vergilt unsern Nachbarn siebenfältig in ihrer Busen ihre Schmach, Ps. 79, 12. Der du vergiltest die Missethat der Väter in den Busen ihrer Kinder, Jer. 32, 18. Ich will sie in ihren Busen bezahlen, Es. 65, 6. Ich will ihnen zumessen ihr voriges Thun in ihren Busen, V. 7. Wo die Figur von der Kleidertracht der Morgenländer entlehnet ist.

Anm. Busen bey dem Tatian Buosum, bey dem Notker Puosam und Bousem, im Nieders. Bosem, Bossem, Bussem, im Holländ. Boesem, im Engl. Bosom, im Angels. Bosm, scheinet von biegen und Bug herzustammen; denn daß der Hauchlaut und der Zischlaut sehr oft in einander übergehen, ließe sich mit mehrern Beyspielen erweisen. Daß es ehedem, besonders im Niedersächsischen, auch Verwandte in einem gewissen Grade bedeutet habe, haben schon Frisch, Haltaus, und die Verfasser des Brem. Nieders. Wörterbuches angemerket. Ob das Osnabrückische Bosem, ein Rauchfang, auch hierher gehöre, weiß ich nicht. Busen ist den Hochdeutschen Mundarten gemäßer, als das Oberdeutsche Busem. In der engern Bedeutung kommt der Plural dieses Wortes nur selten vor.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1276.
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