Davor

[1424] Dāvor und Davōr, adv. demonstrativo-relativum, für vor diesen, vor diese, vor dieses, vor diesem, vor dieser, vor diesem; vor denselben, vor dieselbe, vor dasselbe, vor demselben, vor derselben, vor demselben. Es ist,

1. Ein Demonstrativum, welches den Ton auf der ersten Sylbe hat, und bedeutet, 1) eine Gegenwart vor einer andern Sache. Davor steckt ein Riegel. Ingleichen eine Bewegung vor eine Sache. Davor wälze den Stein. 2) Eine Bewegung vor einer andern Sache her, so wohl eigentlich als figürlich. Davor fliehe ich nicht. Davor hüthe dich. Davor nimm dich in Acht. Davor behüthe, bewahre, beschütze uns Gott. 3) Den Gegenstand einer unangenehmen Gemüthsbewegung. Davor fürchte ich mich nicht. Davor erschrickt man eben nicht. 4) Eine wirkende Ursache. Der Lärm war Schuld daran, denn davor konnte der Kranke nicht schlafen.

2. Ein Demonstrativo-Relativum, welches den Ton auf der letzten Sylbe hat. 1) Eine Gegenwart vor einer andern Sache. Die Thür gehet nicht auf, es steckt ein Riegel davor. Wie kann ich sehen? du stehest ja davor. Ingleichen eine Bewegung vor eine Sache. Hier ist ein Loch, stelle dich davor. Er wälzete einen Stein davor. Wenn ich von dem Lichte sehen will, so trittst du davor. 2) Eine Bewegung vor einer andern Sache her, so wohl eigentlich als figürlich. Hier ist eine Grube, hüthe dich davor. Er fliehet davor, wie vor dem Feuer. Ich habe dich tausend Mahl davor gewarnet. Nimm dich davor in Acht. Gott hat mich davor bewahret, behüthet, beschützet. 3) Den Gegenstand einer unangenehmen Bewegung des Gemüthes. Er schrie so laut, daß man davor erschrak. Du glaubst, ich sollte mich davor fürchten? Man hat einen[1424] Abscheu, einen Ekel davor. Ich scheue mich nicht davor. 4) Eine wirkende Ursache. Es war ein Lärm, daß man nicht davor schlafen konnte. Man konnte davor nicht zu sich selber kommen. Ich kann nichts davor, ich bin nicht Schuld daran.

Anm. Die Trennung dieser Partikel, welche im Hochdeutschen nicht erlaubt ist, ist so wohl im gemeinen Leben, besonders Niedersachsens, als auch in der Deutschen Bibel sehr häufig. Da einen vor ekelt; da hüthe dich vor. Die Redensart, da sey Gott vor! ist auch im Hochdeutschen eingeführet; denn der richtigere Ausdruck, davor sey Gott, ist ungewöhnlich.


Da sey der Himmel vor, den selber zu ermorden,

Schleg.


Die Verdoppelung des da, da kann ich nichts davor, ist eben so fehlerhaft, als der bloß relative Gebrauch für wovor, das Geschrey davor du erschrakest, die Thür davor du stehest. Im Niedersächsischen lautet diese Partikel daarvör, im Oberdeutschen darvor. Bey dem Ottfried bedeutet tharfora, vorher; thie tharfora giangun, die vorher gingen. S. Da II. und Vor.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1424-1425.
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