De

[1427] De, eine Endung verschiedener Hauptwörter, welche von Zeitwörtern abgeleitet worden, das Abstractum derselben anzudeuten, und weiblichen Geschlechtes sind. Diese Wörter entstehen so, daß die Sylbe en von dem Verbo weggeworfen, und dafür de angehänget wird. Freuen, Freude; zieren, Zierde; sohnen oder sühnen, Sünde; nahen oder genahen, Gnade; heren, Herde; taufen, Täufde, welches noch in den gemeinen Mundarten einiger Gegenden üblich ist; behören, Behörde; lieben, Liebde; bähren, tragen, Bürde; begehren, Begirde. In einigen dieser Wörter scheinet auch der vorher gehende Selbstlaut einige Veränderungen erlitten zu haben; indessen stehet es noch dahin, ob das Wort nicht von einer nun veralteten Form oder Mundart des Verbi abgeleitet worden, die der heutigen Gestalt des Hauptwortes ähnlicher war. Für begehren ist in einigen Mundarten noch jetzt gieren üblich.

Viele dieser abgeleiteten Wörter sind im Hochdeutschen veraltet, oder unter andern Gestalten vorhanden. Die Alten sagten die Erbärmde, die Begräbde, die Betrübde, die Bewegde, u.s.f. wofür wir jetzt Erbarmung, Begräbniß, Betrübniß und Bewegungen haben.

In andern Wörtern ist dieses de wieder weggeworfen worden, unerachtet erweislich ist, daß die ältern Mundarten dasselbe gehabt haben. Für Zierde und Begierde sind auch Zier und Begier üblich. Für das Gehör und das Gesetz sagte man ehedem die Gehörde und die Gesetzde. Andere haben nur ihr e weggeworfen und das d behalten, wie Tugend von taugen, Schuld von schollen, sollen. Andere haben noch andere Veränderungen erlitten; denn so sind aus Zierde Zierath, aus Heimde Heimath,[1427] aus Hemde das Österreichische Hemath, aus Ärmde Armuth, und, wie Frisch glaubt, aus Heilde so gar Heiland geworden.

Es scheinet, daß dieses de aus der gleich bedeutenden Endsylbe heir zusammen gezogen worden; wenigstens sind beyde Sylben von einerley Bedeutung und Gebrauch; S. Heit. Bey dem Ulphilas lautet diese Sylbe tha, bey den Angelsachsen te, und bey den ältern Franken und Alemannen tha.

Übrigens ist diese Sylbe eine von denen, welche man nicht nach Belieben den Zeitwörtern anhängen darf, um Hauptwörter daraus zu bilden. Man muß es bey denjenigen bewenden lassen, die das Alterthum auf uns vererbet hat.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1427-1428.
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