Erscheinen

[1933] Erscheinen, verb, irreg. neutr. (S. Scheinen,) welches das Hülfswort seyn erfordert. 1) Sichtbar werden, von Dingen, die bisher unsichtbar waren. Den Weisen erschien ein Stern, Matth. 2, 7. Es ist ein Komet erschienen. Damit das Laster in seiner wahren Gestalt erscheine. Besonders, von Gott, Engeln und unsichtbaren Wesen, wenn sie sich auf kurze Zeit in sichtbarer Gestalt darstellen, mit der dritten Endung der Person. So erschien Gott den Erzvätern, der Engel Gabriel der Jungfrau Mariä. Christus ist erschienen im Fleisch, 1 Joh. 3, 2, f. Es ist mir ein Geist erschienen. Der Verstorbene erschien seinem Freunde in der Nacht. 2) Gegenwärtig werden, von Personen, welche bisher abwesend waren. So wohl auf vorher gegangene Ladung, oder doch mit dem Nebenbegriffe der Schuldigkeit. Bey einer Hochzeit, in[1933] einer Versammlung erscheinen. Vor dem Richter erscheinen. Der Beklagte ist nicht erschienen. Erscheinet nicht leer vor mir, 2 Mos. 23, 15. Wenn darf ich vor dir erscheinen? Als auch mit dem Nebenbegriffe einer besondern Feyerlichkeit. Der König erschien in der größten Pracht. Zuweilen auch nur für, sich sehen lassen, schlechthin. Schämest du dich nicht, so auf der Gasse zu erscheinen? Figürlich von Zeiten und Tagen, besonders bey den Dichtern. Endlich erscheinet der glückliche Tag. Die Zeit ist noch nicht erschienen, da u.s.f. Bange, unglückliche Stunde, o erscheine nie! Sonnenf.


Wenne soll der tag erschinen

Das ich die vil lieben sehe,

Heinrich von Frauenberg.


3) Deutlich, merklich werden, erhellen. Daraus erscheinet deutlich, daß er unschuldig ist. Ich sehe nicht, wie das daraus erscheinen soll. Daß meine Kraft an dir erscheine, 2 Mos. 9, 13. Aber die Sünde, auf daß sie erscheine wie sie Sünde ist, Röm. 7, 13.

Anm. Dieses Wort lautet bey dem Ottfried und Notker irskeinen, wurde aber auch als ein Activum für erscheinen lassen gebraucht. Ja noch bey dem Tschudi kommt es für bekannt machen vor, dem Gesandten seine Antwort erscheinen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1933-1934.
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