Geberde, die

[449] Die Gebêrde, plur. die -n. 1) Überhaupt, die Bewegung des Leibes, oder einzelner Theile desselben, in Ansehung ihrer sittlichen Beschaffenheit. Bäuerische, sittsame Geberden. Ein Vernünftiger merket den Mann an seinen Geberden, Sir. 19, 26. Das Reich Gottes kommt nicht mit äußerlichen Geberden, Luc. 17, 20. 2) In engerer und gewöhnlicher Bedeutung, die Bewegung der Gesichtszüge, und diese Gesichtszüge selbst, die Mienen. Unschuld lächelt sanft auf ihren Wagen, voll Anmuth ist jede Geberde, Geßn. 3) Figürlich wird es collective so wohl im Singular, als auch im Plural, zuweilen von der ganzen Gesichtsbildung, ja von der ganzen äußern Gestalt gebraucht. Seine ganze Geberde verstellete sich. Da ergrimmete Cain sehr, und seine Geberde verstellte sich, 1 Mos.[449] 4, 6. Christus ward an Geberden als ein Mensch erfunden. Phil. 2, 7, an äußerer Gestalt.

Anm. Dieses Wort lautet bey dem Willeram Gebare, Gebaere, bey dem Stryker Gepere und Geberde, im Nieders. Gebeer, im Angels. Gebaer, im Dän. Gebärde, im Schwed. Gebärd, Atbaerd. Es ist eine buchstäbliche Übersetzung des Latein. Gestus. und stammet mit gebaren, von dem alten bären, tragen, ab, daher es in einigen Nieder- und Oberdeutschen Gegenden ohne ge- auch nur Beere, Berde, Perde lautet. Eine Handgebeer ist im Nieders. eine Bewegung mit der Hand, Mundgebeer mit dem Munde. Ottfried gebraucht dafür Giuurti, von führen, oder bühren, sich betragen, aufführen. S. Gebaren und Bahre.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 449-450.
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