Gewächs, das

[646] Das Gewächs, des -es, plur. die -e, Diminut. in der zweyten und dritten Bedeutung das Gewächschen, Oberd. Gewächslein; von dem Zeitworte wachsen.

1. Ein jedes Ding in Ansehung seines Wachsthums, ingleichen in Ansehung des Ortes, zuweilen auch der Zeit, wo und wenn es gewachsen ist. 1) In Ansehung des Wachsthumes wird es in der vertraulichen Sprechart und im Scherze zuweilen von der Größe gebraucht, zu welcher ein Ding gewachsen ist, von der Taille, Statur. Ein langes hageres Gewächs, so wie Don Quixote. Zuweilen wird es auch für die Taille selbst gebraucht, ein Pferd von einem schönen Gewächse. Sie hat ein Gewächs wie ein Rohr, Less. wo aber Wuchs theils richtiger, theils üblicher ist. Indessen kommt doch schon im Willeram Geuuast, und im Tatian Giuuachsti, von der Leibesgröße, Statur vor. 2) In Ansehung des Ortes, wo ein Ding gewachsen ist, von Feld- und Gartenfrüchten; ohne Plural, als ein Collectivum. Das ist Korn von meinem Gewächs, d.i. das Korn ist auf meinem Acker gewachsen. Am häufigsten von dem Weine. Malaga kann die Weinkäufer mit seinem eigenen Gewächse versehen, mit Wein, den es selbst erzeuget hat. Ein Glas Pontak vom besten Gewächse, der in der besten Lage gewachsen ist. Sechs Fuder Rheinwein Neusalzer Gewächs. Ein besonderes Gewächs von Wein, eine besondere Art. 3) In Ansehung der Zeit, wenn eine Frucht, besonders der Wein, gewachsen ist. Wein vom dießjährigen Gewächse.

2. Eine allgemeine Benennung aller aus der Erde wachsenden vegetabilischen Körper, aller Producte des Pflanzenreiches,[646] besonders der kleinern Arten desselben mit Ausschließung der Bäume. 1) Als ein Collectivum, alle oder doch mehrere Arten derselben; ohne Plural. Das Land soll sein Gewächs geben, und die Bäume auf dem Felde ihre Früchte bringen, 3 Mos. 26, 4. Das Land gibt sein Gewächs, Ps. 67, 7. Und gab ihr Gewächs den Raupen, und ihre Saat den Heuschrecken, Ps. 78, 46. Gleichwie Gewächs aus der Erden wächst, und Samen im Garten aufgehet, Es. 41, 11. Wo besonders Feldfrüchte darunter verstanden werden. In dieser Gestalt ist es im Hochdeutschen ungewöhnlich, wo man es, 2) als eine allgemeine Benennung der einzelnen Theile des Pflanzenreiches gebraucht, besonders der kleinern Arten. Feldgewächse, welche auf dem Felde erbauet werden, Gartengewächse, welche in Gärten gezeuget werden, Küchengewächse, Lustgewächse, Arzeneygewächse, zahme Gewächse, wilde Gewächse, Sommergewächse, Wintergewächse, Zwiebelgewächse, Wurzelgewächse u.s.f. Einheimische, ausländische Gewächse. In engerer Bedeutung begreifet man nur diejenigen Pflanzen, welche zur Speise dienen, unter dem Nahmen der Gewächse, und nach einer andern Einschränkung verstehet man darunter oft nur ausländische Pflanzen und Bäume. S. Gewächshaus.

3. Ein unnatürlicher, oder ungewöhnlicher Auswuchs an Thieren und Pflanzen. Dergleichen Gewächse sind die Galläpfel an den Bäumen, die Polypen bey Menschen und Thieren, die Mondkälber in der Bärmutter u.s.f. Ein Fleischgewächs, Nasengewächs u.s.f. Ein Gewächs schneiden, es abschneiden.

Anm. Nieders. Gewaß, Dän. Gewäxt. Im Isidor wird Waxsi und im Tatian Vuachsmo für Frucht gebraucht. Ehedem belegte man auch die Mineralien mit dem Nahmen der Gewächse oder Erdgewächse, welchen Ausdruck man aber veralten lassen, seitdem man überzeugt ist, daß sie nicht so wohl durch eine innere Entwickelung der Theile, als vielmehr durch eine Anhäufung von außen entstehen. S. Wachsen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 646-647.
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