Glatt

[699] Glatt, -er, -este, (nicht glätter, glätteste,) adj. et adv. welches diejenige Eigenschaft der Oberfläche der Körper ausdruckt, wenn sie von allen fühlbaren Erhöhungen oder Ungleichheiten befreyet ist, im Gegensatze dessen was rauh ist. 1. Eigentlich. Das Holz mit dem Hobel, mit Bimssteine glatt machen. Das Eis ist glatt, weil man leicht darauf gleitet. Es ist sehr glatt zu gehen. 2. Figürlich. 1) Von fetten flüssigen Körpern, weil sie dem Gefühle glatt vorkommen. Ihre Kehle ist glatter denn Öhl, Sprichw. 5, 3. Nach einer noch weitern Figur von Getränken, welche dem Geschmacke angenehm sind. Der Wein gehet glatt ein, Sprichw. 23, 31. 2) Ohne Falten, ohne Krausen, ohne Besetzung, ohne zierliche Erhöhungen, in verschiedenen einzelnen Fällen. Eine glatte Dose, welche keine eingegrabene oder ausgetiefte Figuren hat. Ein glattes Halstuch, ohne Spitzen. 3) Ungemodelt, im Gegensatze des Gemodelten, S. Modeln. 4) Ohne Haare, in Gegensatze des rauch. Ein glattes Kinn, im Gegensatze eines bärtigen. 5) Schmeichelhaft, im gemeinen Leben. Einem glatte Worte geben. Eine glatte Zunge haben. Pictorius nennet einen Schmeichler einen Glättling. 6) Schön, geputzt, im gemeinen Leben, besonders Niedersachsens. Eine glatte Jungfer, ein glattes Mädchen, ein glattes Gesicht. 7) So, daß nichts zurück bleibt, für völlig, ganz, im gemeinen Leben, besonders Niedersachsens. Etwas glatt wegschneiden. Den Kopf glatt abhauen. Eine Wiese glatt abmähen. Einem etwas glatt abschlagen. Etwas glatt heraus sagen. Alles glatt aufessen. Das habe ich glatt vergessen, S. Platt.

Anm. Im Nieders. glad und glett, im Dän. glat, im Schwed. glad, im Pohln. gladki, Böhm. hladki. Es gehöret mit zu dem großen Geschlechte derjenigen Wörter, welche von lo, la, hell, Licht, und mit dem Hauchlaute glo, glu, abstammen, und mit mancherley Ableitungssylben auch mancherley Nebenbedeutungen bekommen. Glatt bezeichnet die Ursache des Glänzens, weil glatte Körper gemeiniglich auch zu glänzen pflegen. Ottfried gebraucht glat für glänzend noch von der Sonne. Daß[699] der Gaumenlaut nicht wesentlich zum Stamme gehöret, erhellet unter andern auch aus dem Wend. latki, glatt, und Deutschen Licht, Lohe u.s.f. Indessen ist er doch schon alt, weil schon im Hebr. חלק glatt, im Chald. גלל die Politur, und im Arab. אלל poliren bedeutet. S. Glatze. Ehedem bedeutete dieses Wort figürlich auch fröhlich, lustig, bey dem Kero clat, im Schwed. noch jetzt glad, im Engl. Dän. und Angels. gleichfalls glad, wohin auch das Lat. laetus gehöret, dem bloß der Gaumenlaut mangelt.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 699-700.
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