Grath, der

[785] Der Grath, des -es, plur. die -e, ein im gemeinen Leben Ober- und Niederdeutschlandes übliches Wort, die oberste in die Länge gehende Schärfe eines Dinges, oft auch nur die Spitze eines Dinges, zu bezeichnen, dergleichen z.B. der Obertheil des Rückens an dem Rindviehe, magern Pferden u.s.f. ist, siehe Rückgrath. Im Forstwesen werden die Späne, kleinen Äste u.s.f. welche beym Fällen oder Bearbeiten des Holzes abgehen, der Afterschlag, von einigen die Grathe oder Gräthe genannt. Frischlin nennet den obersten Balken im Dache den Grath, vermuthlich weil er die oberste Schärfe des Daches bilden hilft. Im Oberdeutschen, besonders in der Schweiz, heißt der oberste Rücken eines Berges oder Gebirges der Grath oder Grad; siehe Graththier. Eben diesen Nahmen führet bey den Tischlern die Schärfe an den Einschiebeleisten, S. Grathhobel, bey den Eisenarbeitern, der oberste scharfe Rand eines bearbeiteten Stückes Eisen, im gemeinen Leben, die falsche Schärfe an schneidenden Werkzeugen, welche sich beym Schleifen an der Schneide umlegt, und auf dem Wetzsteine abgewetzet wird, u.s.f.

Anm. Es scheinet mit dem Lat. Radius aus einer und eben derselben gemeinschaftlichen Quelle herzustammen, da denn das Anfangs G von hauchenden Mundarten, wie in hundert andern Fällen, nur zufälliger Weise voran gesetzet worden. S. Riß, Ritzen, Reißen. Das alte Schwedische Grad, ein Schwert, welches Ihre nicht zu erklären weiß, scheinet gleichfalls hierher zu gehören. S. das folgende.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 785.
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