Hagestolz, der

[899] Der Hagestolz, des -en, plur. die -en, ein alter Junggesell, eine Person männlichen Geschlechtes, welche funfzig Jahre alt ist und noch nicht geheirathet hat, da sie doch könnte. In einigen Gegenden gebraucht man dieses Wort auch von dem weiblichen Geschlechte, und da lautet es bald die Hagestolze, bald die Hagestolzinn. Daher das Hagestolzenrecht, des -es, plur. inus. das Recht der Obrigkeit, nach dem Tode eines Hagestolzen dessen Erwerb- oder Errungenschaft (nicht aber die Erb-, Lehen- und Stammgüter) einzuziehen; welches Recht sich noch in der Unterpfalz und am Oberrheine, ingleichen in einigen Niedersächsischen Gegenden befindet. Im Braunschweigischen ist es 1730 aufgehoben worden. Das Alter, welches zu einem Hagestolzen im gerichtlichen Verstande erfordert wird, ist nach den Gegenden verschieden. In Niedersachsen gehören dazu[899] 50 Jahre 3 Monathe und 3 Tage; im Odenwalde hingegen sind schon 25 Jahre dazu hinlänglich.

Anm. Dieses Wort ist sehr alt, aber seinem Ursprunge nach dunkel. Schon bey dem Raban Maurus ist coelebs, Hagastult. Im Nieders. lautet es so wohl Hagestolt als Haverstolt. Im Angels. ist Haegstealdi, coelebs, virgo, tiro, princeps, und Hehstaldhad die Jungfrauschaft. In einem alten Vocabul. aus dem 12. Jahrh. bey Gerberts Reisen heißt Famulus, Hagistolt. Die gemeinste Meinung ist, daß durch Hagestolzen solche Personen verstanden werden, welche auf ihren Hag, oder Hof, stolz sind. Diecmann in Spec. Gloss. Lat. Theot. leitet es von Hag, Haus, und stallt, dem Mittelworte von stellen ab, und erkläret es durch Personen, die sich zu einer freywilligen Einsamkeit bequemen, sich in ihrem Hause gleichsam einstallen. Es wird diese Ableitung dadurch wahrscheinlich, daß Haistaldi oder Haistoldi bey dem Du Fresne für Hausgesessene, Eingesessene, vorkommt, ein Hagestolz im Schwedischen auch auf ähnliche Art Einstöding, und im Isländ. Einstädingur genannt wird, von ein, allein, und stå, stehen, gleichsam ein Einsamer. Im Nellenburgischen werden, dem Frisch zu Folge, die Hurensöhne Hagestolze genannt.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 899-900.
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