Heide (3), die

[1061] 3. Die Heide, plur. die -n, ein sehr altes Wort, welches ehedem so wie das heutige Feld oder Land den Städten und bewohnten Örtern entgegen gesetzet wurde, in welcher jetzt veralteten Bedeutung es in den ältesten und mittlern Zeiten noch häufig vorkommt. So bedeutet Haithi bey dem Ulphilas das[1061] Feld; wie Matth. 6, 28, Blomans haithjos, die Blumen des Feldes; V. 30, Havi haithjos, das Heu des Feldes; Marc. 1, 6, Milith haithivisn, wildes Honig. So auch bey den Schwäbischen Dichtern, wo es häufig für Flur gebraucht wird.


Wie ich danne sunge von den vogellinen

Von der Heide und von den bluomen,

Walther von der Vogelweide.


Eine schoene wol gezieret Heide

Dar abe man bluomen bricht wunder,

Walther von der Vogelweide.


Da singe ich von der Heide und von dem gruenen kle,

der von Singenberg.


Und so in vielen andern Stellen mehr, wovon einige auch die folgende Bedeutung eines Waldes leiden. Über Heide und über Wiese, hieß ehedem so viel als über Stock und Stein, über Berg und Thal. Noch jetzt heißt im Niedersächsischen Heide und Weide in verschiedenen sprichwörtlichen R.A. so viel als alles mit einander, wo es in Hamburg Hey und Wey lautet; einem Heide und Weide vorrücken, alle genossene Wohlthaten. Auch im Wallis. bedeutet Haithio den Acker, S. Heideschwamm. In dieser weitern Bedeutung ist es im Hochdeutschen veraltet, wo man es nur noch in folgenden zwey Fällen gebraucht, welche Überbleibsel derselben zu seyn scheinen. 1) Ein großer mit Tangel- oder schwarzem Holze bewachsener Wald, in welchem Verstande es in Ober- und Niedersachsen häufig ist. In dem Sachsenspiegel heißt es B. 2, Art. 61: Drey Heiden sint binnen Sachsen, do den wilden thieren fride gemacht ist by Königsbann, ane den beeren, wolffen, füchsen. Die Heiden heissen Bannförste. daz eyne ist die Heide zv Koyne. der ander ist der Harz. der dritte di Meideheide. Die Dübensche Heide, die Torgauische Heide, sind noch jetzt in Sachsen bekannt und ansehnliche Wälder, so wie die Brandsheide, im Zerbstischen, die Gardelegische Heide in der Altmark, die Mosikauer und Qualendorfische Heide im Dessauischen u.a.m. Indessen gebraucht man doch in der edlen Schreibart statt dieses Ausdruckes lieber das Wort Wald, ungeachtet es auch an Beyspielen des Gegentheiles nicht fehlet.


Gehabt euch wohl ihr Nymphen in der Heide,

O Pan, ich muß von dir,

Opitz.


Nur der güldne Hämmerling sitzt im Haselgebüsche

Auf dem schwankenden Ast, und singt den ruhigen Heiden

Stets eintönig sein Lied,

Zachar.


Im alt Schwedischen war Id, Ed gleichfalls ein Wald. S. Hain, welches vielleicht mit diesem Worte verwandt ist. 2) Ein unfruchtbares ebenes Feld, welches ungebauet lieget, weil es weder Getreide noch brauchbares Gras, sondern nur Heidekraut, Geniste und anderes Gesträuch träget, und in Obersachsen eine Lehde, in Oberdeutschland eine Ägerte, Egerte, Egde, (vielleicht von Ericetum, und dieß von Erica, Heidekraut,) und in Rußland eine Steppe genannt wird. Im Nieders. gleichfalls Heide, wo vornehmlich die Lüneburgische Heide, so wie die Rastätter Heide in der Markgrafschaft Baden, in diesem Verstande bekannt sind. Der wird seyn, wie die Heide in der Wüsten, Jer. 17, 6; Kap. 48, 6. David war in der Wüsten Siph in der Heide, 1 Sam. 23, 15, 19. Wie der Löw das Wild frißt in der Heide, Sir. 13, 23. Im Angels. Haeth, im Engl. Heath, im Schwed. Hed, im Dän. Heede. Wachter leitet es in dieser Bedeutung von haed, ha, hoch, ab, und will, daß es eigentlich ein hoch gelegenes Land bedeute; andere von dem Heidekraute, S. 2. Heide. Man könnte auch leicht auf das Deutsche Öde fallen, wenn es nicht glaublicher wäre, daß es in diesem Verstande ein Überrest der allgemeinen Bedeutung eines Feldes, im Gegensatze der bewohnten Städte und Örter wäre.[1062] Werden doch von unserm Deutschen Land wüste und unbebauete Gegenden im Französischen les Landes und im Ital. le Lande genannt, wenn nicht diese Wörter durch das von nieselnden Mundarten eingeschobene n aus unserm Lehde gebildet worden. S. dasselbe. Auf der Insel Madagascar heißt eine Wüste gleichfalls Heta.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1061-1063.
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