Heil

[1067] Heil, adj. et adv. welches in der Gestalt eines Nebenwortes am üblichsten ist. Es bedeutet, 1) * eigentlich, ganz, unzertheilt, unzertrennt; in welcher Bedeutung es nur noch im Nieders. wo es heel lautet, gangbar, im Hochdeutschen aber fremd ist. Die hele oder heile Welt, die ganze Welt. Heil mager, sehr mager, ganz mager. Die Hochdeutschen, welche es im gemeinen Leben in einigen Ausdrücken beybehalten haben, haben es zugleich in hell verändert. Der helle Haufen, der ganze, völlige Haufen, S. 1. Hell. In dieser Bedeutung lautet es schon bey dem Ottfried heil, im Engl. whole, im Angels. hal, im Holländ. heel, geheel, im Dän. heel, im Schwed. hel, im Wallis oll und olh; womit das Griech. ὁλος, und das Hebr. כל sehr genau überein stimmen. S. auch All, welches gleichfalls hierher gehöret. 2) In engerer Bedeutung, unverwundet, und nach der Verwundung wieder geheilet, von äußern Schäden und Verletzungen der Glieder. Auf heiler Haut ist gut schlafen, im gemeinen Leben. Aus heiler Haut sterben, ohne sichtbare Veranlassung von außen. Ein Geschwür aus heiler Haut bekommen. Doch diese R.A. sind größten Theils Niedersächsisch. Im Hochdeutschen ist es in dieser Bedeutung nur als ein Nebenwort üblich. So ist der Grind heil, 3 Mos. 13, 37. Wie das Mahl des Aussatzes heil worden ist, Kap. 14, 3. Da das Volk beschnitten war, blieben sie an ihrem Ort -bis sie heil wurden, Jos. 5, 8. Die Wunde ist schon heil. Indessen hat es doch auch hier etwas niedriges, daher man in der anständigen Sprechart lieber das Mittelwort geheilet, oder einen ähnlichen Ausdruck dafür gebraucht. 3) Figürlich, gesund, von den innern Theilen des Leibes; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung, in welcher dieses Wort noch einige Mahl in der Deutschen Bibel vorkommt.


Ist gleich mein ganzes Fleisch nicht heil,

Opitz, Ps. 73


In dieser Bedeutung lautet es bey dem Ulphilas hails, bey dem Ottfried und Kero heil, im Engl. hail, im Schwed. hel, und im Griech. αλος. S. das folgende und Heilen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1067.
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