Jung

[1447] Jung, jünger, jüngste, adj. et adv. ein relatives Wort, welches dem alt entgegen gesetzet ist, und überhaupt denjenigen Umstand bezeichnet, da erst wenig Zeit seit dem Entstehen eines Dinges verflossen ist.

1. Eigentlich. 1) In der weitesten Bedeutung, wo es doch nur in einigen einzelnen Fällen üblich ist. Junges Bier, junger Wein, im Gegensatze eines alten. Der Wein ist noch zu jung. Junge Milch, von einem noch nicht lange milchend gewordenen Geschöpfe; zum Unterschiede von der frischen Milch, und im Gegensatze der alten. In andern Fällen sind dafür frisch und neu üblich. 2) In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung. (a) Von Gewächsen und ihren Theilen. Lasset uns Kränze tragen von jungen Rosen, ehe sie welk werden, Weish. 2, 8. Ein junger Baum. Junges Holz. Junger Salat. Junge Pflanzen. Seht der Wiese junges Grün, Raml. Von Früchten ist es weniger üblich. (b) Noch häufiger von Thieren und Menschen, seit deren Geburt erst wenig Zeit verstrichen ist; wo die relative Bedeutung zum Theil von dem folgenden Hauptworte bestimmt wird. Ein junger Mann, der als Mann betrachtet noch jung ist, ob er gleich in Vergleichung mit einem Kinde alt ist. Ein junges Kind, auch als Kind betrachtet noch jung. So auch, eine junge Frau, eine junge Witwe, ein junges Mädchen. Es ist noch sehr jung. Zu diesem Amte bist du zu jung. Seine jüngere Schwester, ist ihr jüngster Bruder. Junge Leute. Ein junges Blut, ein junger Mensch, im gemeinen Leben. Die junge Mannschaft. Die junge Herrschaft, junge Personen vornehmen Standes. Ein junger Herr, ein junger Prinz, die junge Gräfinn. Ein Junger von Adel, ein junger Edelmann, außer welchem Falle es wohl nicht leicht als ein Hauptwort in diesem Verstande gebraucht wird. In meinen jüngern Jahren, da ich noch jünger war. Seine jüngern Jahre in Kriegesdiensten zubringen. Sein junges Leben verlieren. Er ist der jüngste nicht mehr, er ist so jung nicht mehr. Die Jungen und die Alten, junge und alte Personen, im gemeinen Leben jung und alt, S. Alt Anm. 1. Die junge Magd, in Meißen die Hausmagd, im Gegensatze der Küchenmagd und Köchinn; nicht Jungemagd, welches grammatisch unrichtig ist, S. die Sprachlehre.

Ingleichen von Thieren, ein Thier von seiner Geburt an zu bezeichnen, bis zu dem Zeitpuncte, da es seinen völligen Wachsthum erreicht hat. Ein junger Hund, eine junge Katze, ein junges Thier. Junge Vögel, ein junges Pferd, eine junge Gans. Junge Hühner u.s.f. Wo auch das Neutrum als ein Hauptwort gebraucht wird; ein Junges, ein junges Thier, das Junge, das junge Thier, die Jungen. Junge werfen, d.i. gebären, von allen vierfüßigen Thieren. Etwas Junges, oder ein Junges haben oder bekommen, sagt man im gemeinen Leben auch von Weibern, wenn sie geboren haben. Junge ausbrüten, von Vögeln. Die Katze trägt ein Junges in dem Maule. Jedes Thier nähert seine Jungen.

2. Figürlich. 1) Jung werden, wird für geboren werden, von allen Thieren, und im gemeinen Leben auch von Menschen gebraucht. Du bist an einem Montage jung geworden. 2) Ein jüngeres Datum auf einen Brief setzen, ein späteres, im Gegensatze eines ältern. 3) Die junge Gans, in den Küchen Obersachsens, das Gekröse einer Gans mit den Flügeln, Füßen u.s.f. S. Gänsegekröse. 4) Das letzte unter mehrern, nur in einigen Fällen. Dero jüngstes Schreiben. Besonders in den Ausdrücken, der jüngste Tag, der letzte Tag der[1447] gegenwärtigen Welt, das jüngste Gericht, der große Gerichtstag am Ende der Welt, nach dem Lat. Novissimus Dies, bey dem Notker jungesti tag, jungiste ding, bey dem Ottfried ther Endidag. Kero gebraucht jungasti in mehrern Fällen für letzte.

Anm. Schon von des Kero Zeiten an jung, im Nieders. gleichfalls jung, im Angels. geong, im Engl. young, im Schwed. und Isländ. ohne j, ung, ungr. Bey dem Ulphilas ist jugg, (sprich jung,) so wohl neu, als jung, und juhiza jünger. Im Pers. ist Gevon ein Jüngling. Bey den ältern Römern war junis jung, wovon nachmahls nur die zweyte Staffel junior üblich blieb. Indessen kommt junis im spätern Lat. wieder für juvenis vor.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1447-1448.
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