Kaland, der

[1465] Der Kāland, des -es, plur. die -e, ein im Hochdeutschen größten Theils veraltetes Wort, welches ehedem in folgenden Bedeutungen üblich war. 1) Eine Brüderschaft andächtiger Personen, welche im 13ten Jahrhunderte an vielen Orten entstand, sich aber bald mehr durch Schwelgerey und üppiges Schmausen, als durch ihre Andacht, bekannt machte. Die Glieder dieser Gesellschaft hießen Kalandsbrüder, und wenn sie Geistliche waren, Kalandsherren. 2) Die Versammlung der Glieder dieser Gesellschaft zu gewissen Zeiten, anfänglich zur gemeinschaftlichen Andacht, nachmahls aber nur zum Schmausen und Wohlleben, daher mit der Zeit eine jede feyerliche Versammlung mehrerer mit einander in Verbindung stehender Personen ein Kaland genannt[1465] wurde. Im Schleßwigischen und einigen andern Niedersächsischen Gegenden, führet daher noch jetzt die jährliche Versammlung der Geistlichen den Nahmen des Kalandes, dagegen man in andern Niedersächsischen Orten einen jeden üppigen Schmaus mit diesem Nahmen zu belegen pfleget. 3) Das Haus, worin sich eine solche Brüderschaft oder Gesellschaft versammelte, welches sonst auch das Kalandshaus, und wenn es von einem beträchtlichen Umfange war, der Kalandshof genannt wurde, welchen letztern Nahmen jetzt das Stadtgefängniß in Berlin führet, weil es ehedem der Kalandsgesellschaft gehörete.

Anm. Frischens Ableitung von dem Nieders. Kalant, ein Kundmann, ein Handelsfreund, und vielleicht in der ersten Bedeutung ein Freund überhaupt, Franz. Chaland, ist dem ersten Anscheine nach wahrscheinlich, zumahl da auch in den Monseeischen Glossen Kalangero durch Verwandtschaft erkläret wird. Kaland würde alsdann eigentlich eine freundschaftliche Verbindung, eine Brüderschaft, bedeuten. Allein, wenn man bedenket, daß dieses Wort schon einige Jahrhunderte eher als es in Deutschland üblich wurde, in den auswärtigen Ländern vorkommt, so behält die gemeinste Meinung, welche es von dem Lat. Calendae abstammen lässet, immer noch den Vorzug. Schon im eilften Jahrhunderte ist Kalendae in Frankreich die Versammlung der Geistlichkeit eines Sprengels, weil sie allemahl den ersten Tag jedes Monathes, singulis Kalendis mensium, geschahe. Mehrere Beyspiele führet Du Fresne bey diesem Worte an. Die Kalandsbrüder versammelten sich anfänglich gleichfalls zu Anfange eines jeden Monathes, ob sie gleich nachmahls andere Zeiten, und zwar gemeiniglich die hohen Feste dazu wähleten. S. Kalendern.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1465-1466.
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