Maus (2), die

[122] 2. Die Maus, plur. die Mäuse, Diminut. das Mäuschen, Oberd. Mäuslein, ein kleines vierfüßiges, vierzehiges Thier mit einem langen dünnen Schwanze, von welchem es verschiedene Arten gibt, welche theils von dem Orte ihres Aufenthaltes, theils auch von andern Umständen benannt werden. Dahin gehören die Feldmaus, Waldmaus, Wassermaus, Hausmaus, Haselmaus, Reitmaus, Spitzmaus, Fledermaus u.s.f. Eine größere Art Mäuse werden Ratzen genannt, welche sich über dieß noch durch einen kleinen Nagel auf den innern Zehen oder Daumen unterscheiden, welcher den Mäusen fehlet. In engerer Bedeutung werden die Hausmäuse, welche gemeiniglich von aschgrauer Farbe sind, nur Mäuse schlechthin genannt. Die Maus hat mehr als Ein Loch, oder, es müßte eine arme Maus seyn, welche nicht mehr als Ein Loch haben sollte, d.i. kluge Leute wissen sich auf mehr als Eine Art zu helfen. Wenn die Maus satt ist, schmeckt ihr das Korn bitter, Überfluß macht Überdruß. Die blinde Maus, ein Spiel, welches an andern Orten blinde Kuh genannt wird, bey den Griechen und Römern Myinda, S. Kuh. Der Katzen Scherz ist der Mäuse Tod, mit Tyrannen ist nicht gut scherzen. Er siehet so finster aus, wie ein Topf voll Mäuse, sagt man im gemeinen Leben, besonders Niedersachsens, von einem sauer sehenden Menschen, nach einer sehr dunkeln Figur. Vielleicht gehöret das Wort hier zu Muß, Gemüse, Nieders. Müse, vielleicht ist es aber auch ein Wortspiel, welches durch das Nieders. musen, nachdenken, (S. Muße und Kalmäusern,) veranlasset worden. Im Nieders. sagt man von jemanden, welcher in tiefen Gedanken sitzet, er habe Mäusenester im Kopfe, wo das Wortspiel noch deutlicher ist. Wegen einiger Ähnlichkeit wird ein gemeiniglich mit Haaren bewachsenes Muttermahl gleichfalls eine Maus genannt.

Anm. Der Nahme dieses Thieres ist sehr alt und ausgebreitet. Bey dem Notker heißt es Muse, im Nieders. und Dän. Muus, im Schwed. und Angels. Mus, im Engl. Mouse, im Isländ. Maus, im Russ. Myseh, im Böhm. Myss, im Pohln. Mysz, im Slavon. Mish, im Pers. Mousçs, im Lat. Mus, im Griech. μνς. Es[122] ist ungewiß, ob es seinen Nahmen von seiner nagenden Eigenschaft oder von seiner unmerklichen mit Stille verbundenen Geschwindigkeit hat. Im ersten Falle würde es zu mähen, schneiden, mahlen, molere, dem alten Maß, Speise, mezzan, essen, (siehe Muß,) im zweyten aber zu Muße, dem alten Nieders. musen, nachdenken, (S. Kalmäuser,) und mähen, movere, gehören. Im Griech. ist μυειν sich schnell verstecken. Wenigstens ist in den Zusammensetzungen mausestill und mausetodt der Begriff der Stille sehr hervor stehend. S. auch 2. Mausen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 122-123.
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