Nahrung, die

[424] Die Nahrung, plur. die -en. 1. Dasjenige, was nähret. 1) Eigentlich. Diejenigen Theile eines genießbaren Körpers, welche durch ihren Übergang in den thierischen Körper denselben erhalten und stärken, d.i. die auf mancherley Art abgehenden Theile ersetzen; wo der Plural nur von mehrern Arten gebraucht wird. Kohl gibt eine schlechte Nahrung. Milch gibt viele Nahrung. Die abgehenden Theile der thierischen Körper müssen durch neuen Zugang der Nahrung ersetzt werden. S. Nahrhaft und Nähren. 2) In weiterer Bedeutung, derjenige genießbare Körper, welcher solche Theile enthält. (a) Eigentlich. Speise und Trank, so wohl von Menschen als Vieh; als ein Collectivum und ohne Plural. Ich will dir Kleider und deine Nahrung geben, Richt. 17, 10. Die Äcker bringen keine Nahrung, Habac. 4, 17. Wachteln zur Nahrung, Weish. 16, 2. In großer Dürre findet das Vieh keine Nahrung auf dem Felde. Der täglichen Nahrung mangeln, Jac. 2, 15. (b) Figürlich, was die Fortdauer des Feuers, und in noch weiterer Bedeutung eines andern Dinges befördert und vermehrt; ohne Plural, außer allenfalls von mehrern Arten. Dem Feuer frische Nahrung geben. Fett ist des Feuers Nahrung. Der Flamme die Nahrung entziehen. Nahrung für seine Wißbegierde finden. Menschenfreundliche Neigungen sind eine süße Nahrung edler Herzen, Gell. Immer neue Nahrung zum Vertrauen auf die Vorsehung einsammeln, ebend. Das Herz wird in der Wohlfahrt der andern die Nahrung seiner Freude finden, ebend. Fliehe alles, was deiner Flamme Nahrung gibt. Thörigte Wünsche, die aus einer abgöttischen Meinung von sich selbst ihre Nahrung ziehen. 3) In noch weiterm Verstande, der Unterhalt, d.i. alles was zur Erhaltung des natürlichen Lebens dienet; ohne Plural. Der zeitlichen Nahrung warten, Sir. 38, 38. Kein Kriegsmann flicht sich in die Händel der Nahrung, 2 Tim. 2, 4. Sorgen der Nahrung, Nahrungssorgen. Seine Nahrung in einem Lande suchen. Seiner Nahrung nachgehen. Jemanden seine Nahrung entziehen.

2. Der Inbegriff aller derjenigen Mittel, womit man sich die Nahrung der vorigen Bedeutung verschaffet, das Gewerbe; auch ohne Plural, außer allenfalls von mehrern Arten. Die Nahrung gehet schlecht. Was treibst du für Nahrung? Was ist eure Nahrung? 1 Mos. 46, 33. Auf die Nahrung erpicht seyn. Die Braunahrung, der Bierbrau als ein Gewerbe, als ein Mittel des Unterhaltes betrachtet. So auch die Schenknahrung u.s.f. Da denn in manchen Gegenden dieses Wort auch zuweilen im Concreto[424] gebraucht wird; z.B. zwey Schenknahrungen, drey Braunahrungen, d.i. so viele mit der Schenk- oder Braugerechtigkeit versehene Häuser. Auch in Absicht der äußern Umstände, der Gelegenheit und Mittel von außen, sich den nöthigen Unterhalt zu verschaffen; ohne Plural. Die Nahrung ist schlecht, geht nicht. Gute Nahrung, schlechte Nahrung haben. Es ist keine Nahrung unter den Leuten, es fehlt unter ihnen an Gelegenheit, sein Brot zu verdienen. Eine Stadt hat gute Nahrung, wenn mehrere Menschen leichtlich ihren Unterhalt in derselben finden.

Anm. Im Nieders. gleichfalls Narung, im Dänischen und Schwed. Näring, im Pohln. Nerzeia. Es scheinet von dem veralteten Nar, Nara, welches im Tatian und andern ältern Schriftstellern, für Speise, Nahrung, noch häufig vorkommt und der Ableitungssylbe -ing oder -ung zusammen gesetzet, und also nicht zunächst von nähren gebildet zu seyn; da es denn eigentlich ein nährendes Ding bedeuten würde.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 424-425.
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