Reiten (1)

[1072] 1. Reiten, verb. reg. act. welches nur im Oberdeutschen üblich ist, wo es für rechnen gebraucht wird. Daher ist daselbst die Reit oder Reitung die Rechnung, die Reitkammer die Rechnungskammer, der Reitbeamte der Rechnungsbeamte, der Salzreiter, Hüttenreiter, Münzreiter u.s.f. der Rechnungsführer oder Cassierer bey einem Salzwerke, Hüttenwerke, einer Münze u.s.f. von welchen einige auch im Hochdeutschen üblich sind. S. Hüttenreiter.

Anm. Im Oberdeutschen wird es gemeiniglich mit dem dieser Mundart eigenen Doppellaute raiten geschrieben und gesprochen. So fern dieses und die folgenden Zeitwörter insgesammt Nachahmungen eines und eben desselben Schalles sind, sind sie auch Eines Ursprunges, ob sie gleich sehr verschiedene Dinge bezeichnen. Reiten, rechnen, druckt zunächst den Schall des Redens, und in engerer Bedeutung des Zählens aus, und ist mit Rede und reden ursprünglich Ein Wort. Schon Ottfried gebraucht raitan für zählen, und im Schwed. ist råda erklären. Eben so bedeutete das veraltete rechen ehedem so viel als das davon abgeleitete sprechen, und in dem Intensivo rechnen computare. S. dasselbe. So fern man aber ehedem das Rechnen durch gezogene Striche zu erleichtern pflegte, könnte reiten auch von dem vorigen Reit, Reitel, so fern es jede Ausdehnung in die Länge, folglich auch eine Linie bedeutet, abstammen. Die letzte Sylbe in hundert, ehedem hundaret, ist ohne Zweifel aus diesem Rad, Ret entstanden, man mag es nun durch eine Zahl oder durch einen Strich erklären.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1072.
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