Rose (2), die

[1157] 2. Die Rose, plur. die -n, Dimin. das Röschen, Oberd. Röslein, ein Wort, welches den Begriff so wohl der Röthe, als der krausen Beschaffenheit in sich vereiniget, ohne daß man eben genau sagen könnte, welcher der erste und ursprüngliche ist.

1. Im engsten und gewöhnlichsten Verstande ist die Rose die Blume eines dornartigen Staudengewächses, Rosa L. und von welcher es sehr viele Arten gibt. Die gemeine, wilde Rose, Hagerose, Hundsrose u.s.f. Rosa canina L. wächst bey uns wild, S. Feldrose. S. auch Bisamrose, Zimmtrose, Monathrose, Weinrose, Provinzrose, Mayrose, Zuckerrose, Sammerrose u.s.f. Die gewöhnlichste Farbe der Rosen ist eine mit Violett vermischte, hellrothe Farbe, ob es gleich auch weiße, gelbe und bunte Arten gibt. Unsere gewöhnlichen gefüllten Gartenrosen gehören zu mehrern der jetzt genannten Arten. Diese prächtige, schön in die Augen fallende und überaus angenehm riechende Blume war in den ältesten Zeiten der Venus heilig, und noch jetzt ist sie bey den Dichtern ein Sinnbild, theils der jugendlichen Lebhaftigkeit, theils des Vergnügens, theils aber auch der üppigen Gemächlichkeit. Hier die reifende Jugend, wie die Rose, wenn sie aus der Knospe sich drängt, dort die vollen Jahre der Jugend, wie die offene Rose, Geßn.


Brecht die Rosen eurer Jugend,

Brecht sie, eh der Frühling weicht,

Bernh.


Ich will durch die Freundschaft glücklich seyn, hier finde ich Rosen ohne Dornen,

Weiße.


Es schlummre sorgenlos auf Rosen dein Gewissen,

Die Schlange werd ich selbst noch zu erregen wissen,

Weiße.


[1157] Jemanden etwas unter der Rose anvertrauen, im Vertrauen, unter der Bedingung der Verschwiegenheit, wofür doch der Lateinische Ausdruck sub Rosa üblicher ist; eine aus dem Klöstern herstammende R.A. wo an der Decke der Speise- und Conventsäle gemeiniglich das Bild einer Rose aus Gyps geformet ist, unter welcher der Speisetisch der Conventualen stehet. Etwas ungewöhnlich ist in diesem Falle der Plural: Sie vertrauen mir unter den Rosen der Freundschaft ein Werk ihrer Einbildungskraft und ihres Herzens an, Wiel. Nach einer bey den Dichtern üblichen Figur wird dieses Wort auch häufig im Plural von der jugendlichen lebhaften Farbe des Gesichts gebraucht. Die Rosen verbleichen auf ihrem schönen Gesichte, Weiße.


Ernstlich ist sie bemüht, auf ihren verblühenden Wangen

Künstliche Rosen zu schaffen,

Zach.


Da es denn in der dichterischen Schreibart auch in allerley Zusammensetzungen für rosenfarben gebraucht wird. Aurorens Rosenfinger. Wenn der Morgen aus Rosenwolken bricht, Dusch.

2. In weiterer und figürlicher Bedeutung. 1) Verschiedene den Rosen in der vorigen Bedeutung ähnliche Blumen bekommen gleichfalls den Nahmen der Rose. Die Chinesische Rose, Hibiscus Rosa Sinensis L. ist eine Art Eibisch mit prächtigen rothen Blumen. Die Päonie wird in vielen Gegenden Pfingstrose, der Mauerpfeffer Plattrose, der Kornmohn Klapperrose, Kornrose, und Feldrose u.s.f. genannt; S. auch Sammetrose, Himmelsrose u.s.f. Das Geißplatt oder die Specklilie, Lonicera Caprifolium L. heißt bey einigen, obgleich sehr uneigentlich, die Rose von Jericho. 2) Ingleichen verschiedene, einer Rose ähnliche, künstliche Figuren. Eine Rose von Bändern, eine Art runder, krauser Schleifen. In den bogenförmigen Fenstern der öffentlichen Gebäude der vorigen Zeiten wurden die Glasscheiben oben in Gestalt einer Rose zusammen gesetzt, da denn ein solcher Theil eines Fensters die Rose hieß. Die Rose der Juwelierer ist aus Edelsteinen in Gestalt einer Rose zusammen gesetzt. Die Windrose auf den See- und Landkarten zeigt die Winde. Der Henker bildet sich etwas darauf ein, wenn er eine schöne Rose knüpft, d.i. wenn er den Knoten, der dem Missethäter die Pulsader am Halse zudrückt, an dem rechten Orte des Strickes zu machen weiß.

3. In einigen Fällen scheinet dieses Wort nicht so wohl eine Figur der ersten Bedeutung zu seyn, als vielmehr den Begriff der krausen Beschaffenheit zu gewähren. So pflegen die Jäger den krausen Kranz an dem untern Theile eines Hirschgeweihes die Rose zu nennen. Die Dornrosen, Eichenrosen, Weidenrosen u.s.f. welche bey dem großen Haufen Wunderrosen heißen, sind nichts als Wurmnester, welche aus zusammen geformten blumichten Auswüchsen aus den Blättern und Blüthknospen mancher Bäume bestehen, und von dem Stiche eines Gallinsectes herrühren, welches seine Eyer hinein legt. S. Gallinsect und Weidenrose. Die Rose von Jericho ist keine Blume, sondern ein eigenes Gewächs, welches nicht um Jericho, sondern an den Ufern des rothen Meeres einheimisch ist, und in trockner, zusammen gerollter Gestalt zu uns gebracht wird, sich aber wie ein Moos aus einander breitet, so bald man es in das Wasser legt; Anastatica L.

Anm. Im Nieders. gleichfalls Rose, im Engl. und Angels. Rose, im Wallis. Rhos, im Schwed. Ros, im Pohln. Roza, im Böhm. Ruze, im Lat. Rosa. Es ist nicht glaublich, daß gerade das letztere der eigentliche Stamm der übrigen ist, indem so viele Arten der Rosen in allen Europäischen Ländern einheimisch sind. In der ersten eigentlichsten Bedeutung scheint der Begriff der rothen Farbe zu der Benennung Anlaß gegeben zu haben, da es denn ein und eben dasselbe Wort mit dem vorigen seyn würde, welches zu dem Niedersächsischen roß, röthlich, roth, gehöret, so wie der Griechische Nahme dieser Blume ῥοδειν sich mehr unserm roth nähert.[1158] Indessen hat auch der Begriff der Kräuse seine Ansprüche, da es denn zu kraus, Rooß u.s.f. gehören würde. Die Schwäbischen Dichter gebrauchen dieses Wort zuweilen im männlichen Geschlechte, der Rose.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1157-1159.
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