Schaf (3), das

[1322] 3. Das Schaf, des -es, plur. die -e, Dimin. das Schäfchen, Oberd. Schäflein, der Nahme eines vierfüßigen, zweyhufigen Thieres, welches wegen seiner Wolle geschätzet wird, und wovon das männliche Geschlecht rückwärts gewundene Hörner hat. 1 Im weitesten Verstande, wo man, besonders im[1322] Plural, und in vielen der folgenden Zusammensetzungen dieses Thier überhaupt, ohne Unterschied des Geschlechtes, ein Schaf nennet. Schafe halten. Viele Schafe haben. Schafvieh, so wohl weibliche Schafe, als Widder, Hämmel und Lämmer. Besonders ein solches erwachsenes Thier; zum Unterschiede von einem Lamme. Eine große Herde Schafe. Sprichw. Ein räudig Schaf steckt die ganze Herde an. Geduldiger Schafe gehen viele in einen Stall. Der Wolf frißt auch die gezählten Schafe. Er hat sein Schäfchen geschoren, hat den gehofften Nutzen, den verlangten Gewinn, reichlich erhalten. Sein Schäfchen in das Trockne bringen, sich und das Seinige in Sicherheit bringen. Es kann in dieser R.A. auch aus Schiffchen verderbt seyn, gleichsam, seinen Kahn auf das Trockne ziehen und ihn auf solche Art in Sicherheit bringen; zumahl da man in Niedersachsen in dieser R.A. das Wort Schepken gebraucht, von Schep, ein Schiff, dagegen ein Schäfchen daselbst Schäpken und Schapken heißt. 2) In engerer Bedeutung wird nur das weiblich tragbare Individuum dieser Thiere ein Schaf genannt, zum Unterschiede von dem Widder und Hammel; ein Mutterschaf oder Trageschaf. Schafe, Widder und Hämmel. Sehr häufig wird dieses wehrlose und unschädliche Thier als ein Sinnbild so wohl der Sanftmuth und Geduld, als auch der Einfalt und Dummheit gebraucht. Ein gutes, frommes, geduldiges Schaf, eine solche Person. Ein einfältiges, albernes, dummes Schaf. Das Schaf von einem Manne schwieg zu allem ihrem Unwesen still, der feige, einfältige Mann. 3) Figürlich, wegen einiger Ähnlichkeit in der dicken wolligen Gestalt, werden so wohl die Kätzchen oder Palmen an manchen Arten von Bäumen, als auch die Kellerwürmer (S. Assel) im gemeinen Leben Schäfchen genannt.

Anm. Im Isidor Scaap, bey dem Ottfried Scaf, bey dem Notker Scaff, im Nieders. Schaap, im Angels. Sceap, im Engl. Sheep. Es ist nicht leicht mit Gewißheit zu bestimmen, von welcher Eigenschaft dieses Thier seinen Nahmen habe. Vielleicht ist es sein wolliges, weiches Fell, S. Schopf; vielleicht sein eigenthümliches Geschrey; vielleicht auch seine nagende Eigenschaft, siehe Schabe und Schaben. Es sey welche es wolle, so ist Schöpps, und wenn man den Zischlaut als zufällig ansiehet, auch das Latein. Ovis und Griech. Οις damit verwandt. Im Nieders. heißt ein Schaf weiblichen Geschlechtes auch Euve, Uewwe, Auwe, Angels. Eowu, Engl. Ewe, welches dem Lat. Ovis noch näher kommt, aber gewiß nicht daraus entlehnet ist. Übrigens wird ein weibliches Schaf im Mecklenburgischen auch Tajie, und in andern Gegenden Zade, Snucke genannt. Enterik ist im Nieders. ein Mutterschaf, welches im ersten Jahre nicht trächtig wird, und Overenterik, welches auch im zweyten Jahre unfruchtbar bleibet. Eine Art kleiner Schafe, welche auf der hohen Heide oder Geest geweidet werden, heißen in Niedersachsen Heidesnacken, Heidesnucken und Geestknabben. In einigen Gegenden heißt ein Schaf mit einem andern Endlaute auch eine Schacke, eine Schafherde ist alsdann eine Schackenherde, und im Mecklenburgischen nennen die Schäfer ihre Schafe nur Dinger, so wie sie in Meißen mit einer eben so allgemeinen Benennung auch Nößer und Schafnößer heißen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1322-1323.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: