Schuh, der

[1671] Der Schuh, des -es, plur. die -e, Dimin. welches doch nur zuweilen im gemeinen Leben vorkommt, das Schühchen, in der niedrigen Sprechart Schüchelchen.

1. Eine jede Bekleidung oder Bedeckung, besonders des äußersten Theiles eines Dinges, so fern selbige eine hohle Gestalt hat, und aus einer etwas festern Materie bestehet; doch nur in verschiedenen einzelnen Fällen. So wird ein eisernes hohles Beschläge, womit das Ende einer Stange, eines Spießes, eines Pfahles und so ferner beschlagen wird, sehr häufig ein Schuh genannt. Der Schuh eines Pfahles, eines Spießes ist nähmlich ein solcher spitzig zulaufender hohler Theil, der das unterste zugespitzte Ende bekleidet, damit dasselbe, wenn es in die Erde gestecket wird, sich nicht so bald abnutze. Der Flintenschuh der Reiter ist eine längliche lederne Büchse an der rechten Seite des Pferdezeuges, die Flinte darein zu stellen. Von ähnlicher Art ist der Fahnenschuh, welcher eine Scheide von Leder oder Wachsleinwand ist, worein der unterste Theil der Fahne im Tragen gesteckt wird. Die Eckschuhe an den Kasten, Koffern, Laden u.s.f. sind eiserne Beschläge der Ecken, damit selbige sich nicht abstoßen. Das rund geschmiedete hohle Eisen, welches vorn an die Linse eines Blasebalges gesteckt wird, und in die Form kommt, heißt im Hüttenbaue u.s.f. ein Schuh. Eben diesen Nahmen führen im Bergbaue so wohl die kurzen Schwellen, worin die Spießbäume ruhen, als auch die kleinen Hölzer an den Kunststangen, wodurch die Stecknägel gehen. Unten an dem Rumpfe der Windmühlen ist der Schuh eine schräge Rinne, durch welche das Korn aus demselben auf den Stein fällt. Der Hemmschuh der Fuhrleute ist ein Holz an einer Kette, womit sie ein Rad einzunehmen pflegen. Und die Handschuhe, was sind sie anders als Bekleidung der Hände? Die Riemen, welche den Falken um die Füße gelegt werden, die Wurfriemen daran zu befestigen, heißen gleichfalls die Schuhe, noch häufiger aber collective das Geschühe. Das hornartige Wesen oder die hohlen Schalen an den untersten Theilen der Pferde, des Rind-, Schaf- und Schweineviehes, ingleichen der Hirsche u.s.f. ist überall unter dem Nahmen eines Schuhes bekannt, welchen Nahmen auch wohl die harte Haut an den Füßen einiges Federviehes bekommt, besonders nachdem dieselbe abgestreifet worden. Figürlich pflegt man in manchen Fällen auch wohl das äußerste Ende an einem Dinge den Schuh zu nennen. So führen diesen Nahmen die beyden krummen Stücken unten an einer Brechstange.

2. In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung ist der Schuh 1) die mit einer festen Sohle versehene Bekleidung des untern menschlichen Fußes bis an die Knöchel, da es nur von solchen Bekleidungen dieser Art gebraucht wird, welche den ganzen untern Fuß bis an die Knöchel bedecken, zum Unterschiede von den Pantoffeln u.s.f. Ein Paar Schuhe. Lederne, zeugene Schuhe u.s.f. Filzschuhe, Holzschuhe u.s.f. Umgewendete Schuhe, welche anfänglich so gemacht werden, daß die inwendige Seite auswärts gekehret ist, worauf sie umgekehret werden. Der Schuh an einem Stiefel, zum Unterschiede von dem Schafte. In dem Worte Schrittschuh kommt es in etwas uneigentlicher Bedeutung vor, S. dasselbe. Aus den Kinderschuhen getreten seyn, die Kinderjahre zurück geleget haben, im gemeinen Leben, aber unrecht, die Kinderschuhe ausgetreten haben, S. Austreten. Etwas an den Schuhen zerrissen haben, es schon vor langer[1671] Zeit gewußt haben. Es weiß ein jeder am besten, wo ihn der Schuh drückt, eine alte sprichwörtliche R.A. welche schon im Plutarch vorkommt. Da, da, drückt und der Schuh, das kränkt uns, macht uns Sorge, da fehlt es uns. Jemanden die Schuhe austreten, ihm in einer vortheilhaften Sache zuvor kommen, ihn eines Vortheils, eine Stelle berauben. Jemanden etwas in die Schuhe gießen, es ihm Schuld geben. 2) Wird es auch sehr häufig als ein Längenmaß gebraucht, da es denn mit Fuß gleichbedeutend ist, ehedem aber von demselben noch verschieden gewesen zu seyn scheinet, da denn Fuß das Maß des ungeschuheten, Schuh aber des mit Schuhen bekleideten Fußes war. In dem dritten Bande der Script. Brunsu. S. 549 heißt es nach dem Frisch, in den Goßlarschen Berggesetzen: eine Grube solle fünf Fuß in die Breite und sieben Fuß in die Länge halten, mit dem Beysatze: der Vote schal en sin gheschoet, de ander bervot. S. Fuß. In dieser Bedeutung bleibt es so wie Fuß, Zoll u. a. m. im Plural unverändert, wenn ein Zahlwort vorher gehet. Sechs Schuh, nicht Schuhe. Aber ohne Zahlwort behält es seine gewöhnliche Form. Die Länge eines Dinges nach Schuhen bestimmen.

Anm. Es ist dieses Wort, selbst in der zweyten engern Bedeutung der Bekleidung des Fußes, schon sehr alt. Bey dem Ulphilas lautet es Sko, bey dem Kero und Ottfried Scuah, bey dem Willeram Gescuche, in einigen hauchenden Oberdeutschen Mundarten Schuch, im Nieders. Scho, im Angels. Sceo, Sco, im Engl. Shoe, im Schwed. Sko. Martinius und Frisch leiten es sehr unwahrscheinlich von dem Lateinischen Soccus her, Innius von σκυτος,Leder, Stiernhielm, Ihre und andere richtiger von dem alten skya, bedecken, wovon mit veränderten Endlauten Schale, Schauer, Scheide, schützen, das alte Schin, die Haut, u.s.f. abstammen. Bey dem Ulphilas heißt der Schuh auch wirklich Skaud, im Gothländischen Gesetze Scyth, im Wallis Esgid, und nach dem Harpokration war auch bey den Griechen σκυθικος eine Art der Schuhe; woraus wenigstens die Verwandtschaft mit Schutz, schützen u.s.f. erhellet.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1671-1672.
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