Schwinge, die

[1754] Die Schwinge, plur. die -n, von dem folgenden Zeitworte schwingen, ein Werkzeug zum Schwingen, in welchem Verstande es besonders in vielen einzelnen Fällen als ein Kunstwort üblich ist. In der Landwirthschaft ist die Schwinge ein dünnes breites und ebenes Bret an einem Stiele, den gebrachten Hanf und Flachs damit zu schwingen, d.i. die Strohhülfen davon abzuschlagen, da denn das Gestell, auf und vor welchem solches geschiehet, der Schwingeblock heißt. Ein ähnliches aber eisernes Werkzeug haben die Seiler, den Hanf damit auszuschwingen, welches auch die Schwinge, und wenn es ein hölzerner Stock ist, der Schwingestock heißt. In der Lausitz hat man bey dem Flachsbaue noch eine andere Art Schwingen, welche daselbst auch der Hilkner heißt, und unten und oben eine Schneide, den Flachs vor dem Brachen oder Brechen damit vorzubereiten. In den Papiermühlen verstehet man unter den Schwingen die Stiele an den Stampfen, weil sie diese mit einem Schwunge heben. In dem Bergbaue sind die Schwingen ausgearbeitete Hölzer an den Wasserkünsten und Feldgestängen mit einem eisernen Zapfen in der Mitte, sich darauf hin und wieder zu schwingen oder zu bewegen, und zugleich das Feldgestänge hin und her zu schwingen. In der Landwirthschaft ist die Schwinge oder Futterschwinge eine ovale gemeiniglich geflochtene Wanne, das Getreide und Futter darin zu schwingen und dadurch von dem Staube und anderm Unrathe zu reinigen.


Es ist die Schwinge hier, durch die das Korn bleibt liegen,

Das gut und sauber ist, die Spreu und Staub verfliegen,

Opitz.


Auch eine Schaukel führet zuweilen den Nahmen der Schwinge. Sich auf einer sanften Schwinge von Träumen wiegen, Herd. Die starken Schwungfedern der Vögel, besonders der Falken, werden häufig Schwingen genannt, welchen Nahmen in der dichterischen Schreibart auch die Flügel selbst bekommen, welche ohne Zischlaut auch im Engl. Wings und im Schwed. Vinge heißen.


Eben hatte der weichende Winter von stürmischen Schwingen

Seine letzten Schauer von rieselndem Hagel geschüttelt,

Zachar.


Es hüpfen die Sänger des Waldes

Fröhlich empor und putzen die Schwingen,

Zachar.


Figürlich werden in der Landwirthschaft die breiten Sprossen in den Wagenleitern Schwingen genannt; eine vermuthlich von den Flachsschwingen, oder einem ähnlichen Werkzeuge entlehnte Figur.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1754.
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