Spät

[170] Spät, -er, -este, adj. et adv. welches dem frühe entgegen gesetzet ist, und überhaupt nach der gewöhnlichen, nach der gehörigen, nach der bestimmten Zeit bedeutet. 1. Überhaupt nach der gewöhnlichen Zeit. Spät zu Bette gehen. Spät aufstehen. Spät speisen, es sey zu Mittage oder zu Abend. Spät klug werden. Ein später Verstand. Besser spät als nie. Nach der gehörigen, nach der schicklichen Zeit. Spät kommen. Er ist immer der späteste. Ein später Wunsch. Dein Brief kommt zu spät. Es ist nun zu spät damit. Wir kamen um eine Stunde zu spät. Eine Uhr gehet um eine Stunde zu spät, wenn sie zu langsam gehet, und die Zeit um eine Stunde später anzeiget, als es die wahre Zeit erfordert. Ingleichen nach einer ausdrücklich benannten, oder bestimmten Zeit. Er kam später als ich. Die spätesten Nachkommen, nach uns. Wenn spät nach mir dich selbst der Himmel fodert, Raml. lange nach mir. 2. In engerer Bedeutung. (1) Von der Zeit des Tages, gegen das Ende des Tages. Es ist schon spät. Es wird spät. Spät in die Nacht aufbleiben. Die späte Abendsonne, in der dichterischen Schreibart. Die späte Nacht. (2) Von der Jahreszeit, gegen das Ende des Sommers. Spätes Obst, welches gegen das Ende des Sommers oder im Herbste reif wird. Spätes Getreide. So auch in den Zusammensetzungen Spätobst, Spätgerste u.s.f.

Anm. Schon bey dem Kero, Ottfried u.s.f. spat, bey den Schwäbischen Dichtern spad, bey dem Ulphilas sped. Frisch fand Ähnlichkeit zwischen diesem Worte und dem Griech. σπάειν, ziehen; wenigstens scheinet in dem unsrigen der Begriff der Langsamkeit der herrschende zu seyn. Im Oberdeutschen lautet dieses Wort spat, so wie man für früh, daselbst fruh sagt; diese Form[170] ist auch im Hochdeutschen nicht ungewöhnlich, daher auch in manchen der folgenden Zusammensetzungen spat nur allein üblich ist. Den Niederdeutschen und den mit ihnen verwandten Sprachen ist dieses Wort unbekannt, welche dafür laat gebrauchen, das Stammwort von unserm letzte.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 170-171.
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