Spindel, die

[209] Die Spindel, plur. die -n, Diminut. das Spindelchen, ein Wort, welches in der anständigern Sprechart für das gemeinere und mehr Niederdeutsche Spille üblich ist, und so, wie dieses, sowohl den Begriff der langen dünnen Spitze, als auch der Bewegung um seine Achse hat. 1. Mit dem herrschenden Begriffe der langen dünnen Spitze ist die Spindel in vielen Fällen ein langer dünner entweder an Einem oder an beyden Enden zugespitzter Körper. Von dieser Art ist die Spindel, deren man sich noch in einigen Gegenden, besonders Ober-Deutschlands zum Spinnen bedienet, welche ein spitz zulaufendes Hölzchen ist, welches man zwischen den Fingern der rechten Hand herumdreht, wo es aber auch unmittelbar von spinnen abstammen kann, ein Werkzeug zum Spinnen zu bezeichnen. Mit der Spindel, an der Spindel spinnen.


Da klatscht, da kümmert sich das alte Trödelweib

In jener Rockenzunft um alle Spindelgrillen,

Günth.


Drey unerbittliche Schwestern (die Parcen) haben das Leben der Menschen auf ihrer Spindel. Die spitzigen Leimruthen der Vogelsteller sind gleichfalls unter dem Nahmen der Spindeln bekannt. Die Spindel an einem Thurme ist der dem Scheine nach spitzig zulaufende lange Baum, worauf der Knopf befestiget wird. Und so in andern Fällen mehr, wo es mit dem Oberd. Spänel, eine Nadel, dem Latein. Spina, Punctum, Pinne, u.s.f. verwandt ist. 2. Mit dem herrschenden Begriffe der Bewegung um seine Achse, ist es sowohl eine um ihre Achse bewegliche Welle, als auch eine Achse, um welche sich ein anderes Ding in einer schraubenförmigen Linie beweget. Von der letzten Art ist die Spindel in der Mechanik, d.i. eine jede Welle, um welche eine Schraube geführet wird. An einer Wendeltreppe ist es die senkrechte Säule, um welche die ganze Treppe herum gehet, welche auch wohl der Mönch genannt wird, welchen Nahmen in den Schneckenhäusern auch die kleinere Säule führet, um welche die Gänge gewunden sind. Zur ersten Art beweglicher Wellen, gehören die horizontalen Spindeln der Drechsler, dasjenige, was sie drechseln wollen, daran zu befestigen, da man denn Klebspindeln, Schlagspindeln, Ringspindeln u.s.f. hat. Der senkrechte Baum des Göpels, worin der Korb und die Trifft gehen, heißt die Spindel, welchen Nahmen auch der lange dünne Knochen des Vorderarmes, Radius, führet, welcher auch die Speiche und die Spille genannt wird. Bey den Nadlern heißt der Draht, worüber der Knopfdraht gesponnen wird, sowohl die Spille als die Spindel. Und so in hundert andern Fällen mehr.

Anm. Im Engl. Spindle, im Schwed. Spindel, welches aber auch eine Spinne bedeutet. In Ansehung der langen dünnen Spitze ist es von Spille, Speer, Spieß, Spitze u.s.f. nur im Endlaute verschieden.[209] Was aber den Begriff der Bewegung um die Achse betrifft, so ist es in Ansehung desselben ein naher Verwandter von winden.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 209-210.
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