Verlaufen

[1078] Verlaufen, verb. irregul. S. Laufen, welches in doppelter Gestalt gebraucht wird.

I. Als ein Activum und Reciprocum. 1. Durch Laufen versperren, verschließen, in welchem Verstande man nur noch sagt, jemanden den Weg verlaufen, eigentlich ihm in den Weg laufen, daß er nicht weiter kann, wofür man auch verrennen sagt.[1078]

2. So, daß ver die Bedeutung der Ferne, der Entfernung hat; als ein Reciprocum. (1) Sich laufend entfernen, aus dem Wirkungskreise unserer Empfindungen laufen. Besonders von dem Wasser. Das Wasser verläuft sich, hat sich schon verlaufen. Das Gewässer verlief sich, 1 Mos. 8, 3. 5. Figürlich von der Zeit und ihren Theilen, ist das folgende Neutrum üblicher. Figürlich gebrauchte man es ehedem auch für geschehen, sich zutragen, besonders von der Art und Weise, wie sich eine Sache zugetragen hat. Was hat sich verloffen? Theuerd. Kap. 44; zugetragen.


Es hat die Sache sich nicht also längst verloffen,

Opitz.


In welcher Bedeutung es doch veraltet ist. S. auch Verlauf. (2) Sich durch Laufen oder im Laufen verirren. Es hatte sich ein Schaf von der Herde verlaufen. In dem Billiardspiele verläuft man sich, oder die Kugel verläuft sich, wenn sie in ein Loch läuft, in welches sie den Ball des Gegners treiben sollte. In der figürlichen Bedeutung des Versündigens, Hos. 5, 2, ist es veraltet. (3) Aus einander laufen. Die Truppen haben sich verlaufen. Alle Anwesende verliefen sich. Vermuthlich gehöret dahin auch die bey den Mahlern übliche Bedeutung, wo sich die Farben verlaufen, wenn sie auf eine unmerkliche Art in einander übergehen, welches auch sich verliehren genannt wird.

II. Als ein Neutrum mit dem Hülfsworte seyn, und in der vorigen Bedeutung der Partikel ver, wo es doch nur von der Zeit und ihren Theilen gebraucht wird, schnell vergehen, wofür man auch verstreichen gebraucht. Die Zeit verläuft bald. Der Tag ist mir unter den Händen verlaufen.

Anm. Schon bey dem Notker ferlouffen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1078-1079.
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