Wiegen (2)

[1538] 2. Wiegen, verb. regul. act. sanft hin und her bewegen. 1. Eigentlich, auf einer runden oder zirkelförmigen Unterfläche sanft hin und her bewegen. So wiegt man junge Kinder in der Wiege. In den Schlaf wiegen. Auf ähnliche Art gebraucht man das Wort in der Schifffahrt, wo der Schiffer das Both wiegt, wenn er es an dem Winde führet, und das Ruder hinten beweget, da es denn eine Bewegung, wie eine Wiege, macht. 2. Mit einer Art zirkelförmigen Messers schneiden. S. Wiegemesser. So wiegt man in den Küchen den Spinat, das Fleisch u.s.f. wenn man es mit dem Wiegemesser zerschneidet. Der Kupferstecher wieget seine Platte, wenn er sie mit der Wiege bearbeitet. 3. Sanft bewegen, sanft hin und her bewegen. Welch eine bunte Blume wieget sich dort an der Quelle? Gesn. Ich höre den lispelnden West, der sich auf schlanken Zweigen wiegt, eben ders.


Lisette wiegte sich in süßer Morgenruh,

Zach.


3. In allen Sachen gewiegt, d.i. erfahren seyn, eine ziemlich dunkle Figur, wenn sie nicht von dem vorigen Verbo wiegen oder wägen entlehnet ist.

Anm. Dieses und das vorige Verbum sind im Grunde ein und eben dasselbe Wort, welches zu der zahlreichen Familie des Verbi wegen in bewegen gehöret, indem der Begriff der Bewegung in beyden nur auf nähere Art bestimmt wird. S. auch Wage, Wagen,[1538] Gewicht u.s.f. Daß es in der einen Bedeutung, in welcher es von einer sanften auf- und absteigenden Bewegung irregulär, in der andern aber von einer sanften horizontalen Bewegung regulär gehet, ist ein Beweis, daß jene Bedeutung, so wie jene Form, die ältere, diese aber die neuere ist.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1538-1539.
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