Witwe, die

[1585] Die Witwe, plur. die -n, im männlichen Geschlechte, der Witwer, des -s, plur. ut nom. sing. eine verheirathete Person,[1585] welche ihres Ehegatten durch den Tod beraubt worden; die Witwe, welche ihren Ehemann verlohren hat; und der Witwer, welcher seine Ehefrau verlohren hat; im gemeinen Leben, die Witfrau und der Witmann. Witwer oder Witwe werden, seinen Ehegatten durch den Tod verlieren.

Anm. Das Wort ist sehr alt, und beynahe allen Europäischen Sprachen gemein. Es lautet bey dem Ulphilas Widuwo, bey dem Ottfried und andern alten Oberdeutschen Schriftstellern Witua, Witeua, Wituwa, im Angels. Wuduwa, im Engl. Widow, im Nieders. Wedewe, im Fries. Weeda, Wida, in den Slavonischen Mundarten Wdowa, im Latein. Vidua, Viduus, und davon im Ital. Vedova, im Franz. Veuve. Es erhellet hieraus, daß die in einigen Oberdeutschen Provinzen übliche Form Wittib oder Wittibe und Wittiber, wenigstens nicht die bessere ist. Da es nicht glaublich ist, daß so viele entfernte Völker. und zwar zu einer Zeit, da sie mit den Römern so wenig Verkehr hatten, dieses Wort von dem Latein. vidua entlehnet haben sollten, welches zugleich voraussetzen würde, daß ihnen der Ehestand und die damit verbundenen Begriffe bis dahin unbekannt gewesen, welches doch wider alle Geschichte ist: so muß dieses Wort eines von denen seyn, welches die alten Europäischen Völker noch mit aus ihrem gemeinschaftlichen Vaterlande gebracht haben. Was den Stammbegriff desselben betrifft, so ist Wachters Meinung, der es von dem Lat. videre, in dividere, theilen, bey den alten Hetrusciern iduare, herleitet, nicht unwahrscheinlich, so daß es eigentlich eine getrennte Person bedeuten würde. Bey den Wallisern ist guith, die Ehescheidung, welches zugleich an unser quitt erinnert. Auf ähnliche Art heißt eine Witwe im Schwed. Enka, und ein Witwer Enkling, gleichsam eine einzelne Person.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1585-1586.
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