Zug, der

[1750] Der Zug, des -es, plur. die -Züge, das Abstractum des Verbi ziehen. 1. Die Handlung des Ziehens, und zwar (a) diese Handlung, als ein wahres Abstractum, folglich ohne Plural, für das Ziehen; in vielen Bedeutungen des Verbi. Den Zug der Luft, des Wassers befördern. Die Truppen wurden in ihrem Zuge gehindert. Der Zug der Prozession dauerte lange. Der Zug der gegenseitigen Liebe. Der Zug des Vaters, in der Theologie, nach Joh. 6, 44, die Veranstaltung der entfernten Vorbereitung zur Bekehrung. Mein Herz war schon einmahl im Zuge, sich zu ängstigen, die Angst hatte sich desselben bereits bemächtiget. Bey den Markscheidern ist der Zug, das Abziehen, d.i. Abmessen, der Grubengebäude unter der Erde. In den Rechten wird die eigentliche Folter in vielen Gegenden der Zug genannt, weil der Verbrecher dabey auf der Folterbank, der Leiter, oder dem Stuhle ausgedehnet wird. (b) Diese Handlung als ein Concretum, d.i. von einzelnen Handlungen dieser Art, folglich mit dem Plural. Ein Zug im Trinken, das Trinken in einem Athem. Etwas auf einen Zug, auf zwey Züge austrinken. Einen guten Zug thun, mit dem Netze, ingleichen in Spielen. Zug für Zug handeln, so daß so gleich Geld für Waare, oder auch Waare für Waare gegeben werden. In den letzten Zügen liegen, in den letzten Athemzügen, d.i. mit dem Tode ringen, wofür man im Niederdeutschen das Verbum seeltagen hat.

2. Diejenige Sache, welche ziehet; in manchen einzelnen Fällen, so wohl von dem Neutro als Activo ziehen. So ist der Zug einer Prozession, die in Prozession ziehende Menge Menschen. Wenn Truppen, welche in Reihen stehen, diese Reihen brechen, und hinter einander marschiren, so heißt solches sich in Züge setzen, (Fr. defiler,) und eine bestimmte Anzahl hinter einander marschirender Soldaten, ein Zug. Auch die an einem Orte durchziehende, oder durchstreichende Luft, wird der Zug, vollständiger,[1750] die Zugluft, der Zugwind genannt. Im Zuge sitzen, in der Zugluft. In den Handwerkern und Künsten kommt es in dieser Bedeutung mehrmahls vor. So ist in den Pumpen, Feuerspritzen u.s.f. der Zug, der an der Zieh- oder Zugstange befestigte Pfropf, welcher das Wasser durch das Ventil in die Röhre ziehet. Auch die Rolle mit ihrem Seile, vermittelst deren man schwere Sachen in die Höhe ziehet, heißt oft der Zug.

3. Dasjenige, was gezogen wird; gleichfalls in vielen einzelnen Fällen. Ein Zug mit der Feder, der mit der Schreibefeder gezogen wird; besonders eines zierlich verschlungene Linie. Auch der Umriß einer Figur und ihrer Theile wird in der Zeichnung ein Zug genannt. Die ersten Züge einer Figur entwerfen. Daher figürlich, mahlerische Züge in einem Gedichte. Die Züge des Gesichts, die Gesichtszüge, die Lineamenten. Ein Zug von Würde zwischen den Augen. Daher figürlich, ein Zug des Charakters, der Denkungsart, ein eigenthümlicher Theil. Ich habe ihn genau erforscht, mir ist kein Zug von seiner Denkungsart entwischt. In den Schmelzöfen, Orgeln, u.s.f. sind die Züge gewisse Theile, welche geöffnet oder gezogen werden. In einem gezogenen Flintenlaufe heißt die Vertiefung der Zug, bey einigen auch der Drall. Und so in andern Fällen mehr.

4. Mehrere Dinge Einer Art, welche mit einander ziehen, oder zugleich gezogen werden. Ein Zug Pferde, oder Ochsen, ein Gespann.


Der nach der Alten Brauch mit seinen eignen Zügen

Das väterliche Feld bemäht ist, zu bepflügen,

Can.


Ein Zug Drahtsaiten, zwölf Rollen von verschiedener Stärke. Im Bergbaue werden die auf einem Gange liegenden Grubengebäude ein Zug genannt.

Anm. Schon bey den ältesten Oberdeutschen Schriftstellern Zug, Zuog, im Nieders. Tog, im Engl. Tug. S. Ziehen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1750-1751.
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