Elisabeth

[379] Elisabeth, Königin von England, war die Tochter Heinrichs VIII. mit der unglücklichen Anna Boleyn, die auf dem Blutgerüste starb. Ihre frühern Jahre brachte sie unter der Regierung ihrer grausamen Schwester Maria in dem Tower und in beständiger Gefahr des Todes zu, von welchem sie nur durch Philipp II. König von Spanien, der sie einst zu heirathen gedachte, errettet wurde. Unter den größten Erwartungen ihres [379] Volkes, die sie auch bald rechtfertigte, bestieg sie 1558 in ihrem 25. Jahre den Englischen Thron. Die erste Handlung, womit sie ihre Regierung begann, war die Befestigung der Reformation in England, welche sie ohne alles Blutvergießen vollzog. Aber eben dadurch zog sie sich den Haß ihrer katholischen Unterthanen und des Papstes zu, der sich während ihrer ganzen Regierung durch mancherlei Verschwörungen gegen ihren Thron und ihr Leben äußerte. Nachher unterstützte sie die Hugenotten in Frankreich, und die Protestanten in Schottland gegen ihre eben so reizende als unglückliche Königin Maria (s. d. A. Maria von Schottland). Eifersüchtig auf die bezaubernde Schönheit Mariens und ihre Ansprüche auf die Thronfolge in England, ließ sie dieselbe in einer neunzehnjährigen Gefangenschaft schmachten, und endlich unter dem Vorwande ihrer Theilnahme an mehrern damahls ausbrechenden Verschwörungen, zum ewigen Schandfleck ihrer Regierung, 1587 enthaupten. Rühmlicher war das Betragen der Elisabeth in Ansehung der Niederländer, welche sie gegen den despotischen Philipp II. unterstützte, der sich nun aus Rache mit seiner ganzen ungeheuern Macht rüstete, und nichts geringeres im Sinne hatte, als England zu erobern. Doch widrige Stürme und die kühnen Unternehmungen der Englischen Seehelden Franz Drake und Howard nöthigen die unüberwindliche Flotte der Spanier nach einem sehr beträchlichen Verluste zum Rückzuge, und befreiten England von der gedroheten Landung. Elisabeth setzte den Krieg mit Spanien mehrere Jahre hindurch zum großen Vortheile Englands fort, und unterdrückte noch zuletzt die Empörung der katholischen Irrländer. Sie starb 1603 voll Schwermuth über die Hinrichtung ihres Günstlings, des Grafen von Essex. Diese Königin verdient unter den Weibern, die eine Krone trugen, eine der ersten Stellen. Sie besaß einen durch Wissenschaften und Sprachen gebildeten, wahrhaft männlichen Geist, einen durchdringenden Scharfblick, der sie so richtig bei der Wahl ihrer Minister leitete, eine umfassende Einsicht in die verschiedenen Theile der Staatskunst und einen unermüdeten Fleiß in den Geschäften. Unter ihrer 45 jährigen Regierung gelangte England zu einem Wohlstand und Ruhm, den es vorher noch nie gehabt hatte. Sie beförderte den Ackerbau, die Fabriken [380] und Manufacturen, die noch jetzt die Bewunderung des Auslandes erregen. Sie war die Schöpferin des Englischen Seewesens und Handels, und legte den Grund zu den Colonien in den andern Welttheilen. Freilich war sie auch nicht frei von Fehlern. Ehrgeitz, Eitelkeit, Verstellung warfen oft einen nachtheiligen Schatten auf ihre großen Eigenschaften. Ungeachtet viele auswärtige Könige und Fürsten um ihre Hand warben, so hat sie sich doch nie verheirathet. Aber beständig hatte sie ihre Günstlinge. Unterhaltend ist die Geschichte dieser Königin von Archenholz erzählt in dem historischen Calender für Damen 1790.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 1. Amsterdam 1809, S. 379-381.
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