Der Generalbaß

[87] Der Generalbaß, (Basso continuo, auch Fundament) bedeutet in der Musik 1) die Wissenschaft, vermittelst welcher man, nach gewissen in der Composition gegründeten Regeln, zu der bloßen vorgelegten Baßstimme die völlige Harmonie finden kann, welche bei der dazu gesetzten Vocal- und Instrumental-Musik zum Grunde liegt; daher auch der Name, weil er alle und sonderlich die Grundstimmen eines Stücks in sich begreift. Es wird dieses durch Ziffern und Zeichen, welche man Signaturen nennt und über die Noten setzt, angegeben. Die Kenntniß dieser Wissenschaft ist nicht nur in Rücksicht auf die Composition, sondern auch für die Ausführung und Beurtheilung von Tonstücken äußerst wichtig. 2) Bedeutet es eben diesen Baß selbst, mit welchem zugleich die volle Harmonie des Stücks angeschlagen wird. Die Instrumente, auf welchen man ihn spielt, sind gewöhnlich die Orgel, der Flügel, das Clavier etc. wo denn die linke Hand die Baßtöne, die rechte aber die durch obgedachte Signaturen angedeutete Harmonie angiebt. Wenn nun diese Signaturen wirklich über die Noten gesetzt sind, so heißt es ein bezifferter Baß; stehen sie aber nicht darüber, ein unbezifferter Baß, welcher letztere aber schon einen sehr geübten, mit der Harmonie vertrauten Spieler erfordert. – Die Erfindung – oder vielleicht wohl richtiger die nähere Angabe der Regeln bei dem Spielen eines solchen Basses – schreibt man dem Ludovico Viadana, Kapellmeister an der Domkirche zu Mantua, einem der berühmtesten Orgelspieler zu Anfange des siebzehnten Jahrhunderts, zu, welcher 1606 zuerst einen Tractat darüber geschrieben hat. Vorher spielte man bloß nach der Tabulatur (s. den Art. Tabulatur).

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 2. Amsterdam 1809, S. 87.
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