Ernst Christian Hesse

[198] Ernst Christian Hesse, Hessen-Darmstädt. Kriegsrath, geb. zu Großengottern in Thüringen 1676, einer der berühmtesten Virtuosen auf der Viola da Gamba (s. Gambe). Er kam 1694 als Darmstädtischer[198] Kanzleiaccefsist nach Gießen, setzte hier seine juristischen Studien fort, und ging 1698 nach Paris, um sich auf gedachtem Instrumente zu vervollkommnen. Hier nahm er bei Marais und Forqueray – beide waren Nebenbuhler auf diesem Instrumente, und heimliche Feinde – zugleich Unterricht. Ohne jedoch dem einen von dem andern etwas zu sagen, nannte er sich gegen jenen Hesse, gegen diesen Sachse. Beide thaten sich außerordentlich auf die Progressen ihres Schülers zu Gute, mit dem sie einander zu trotzen suchten. Es kam endlich zu einer Ausfoderung, wo jeder die Stärke seines Schülers in einem Concerte auf die Probe stellen sollte; aber wie erstaunten beide, als sie Herrn Hesse und Herrn Sachse in einer Person und in ihm ihren Schüler fanden. Er machte beiden, jedem in seiner Manier, gleich große Ehre, entfernte sich aber darauf von Paris, wo er sich drei Jahre aufgehalten hatte. Bei einer zweiten Reise (1705) durch Holland, England und Italien kam er unter vielem Beifall nach Wien, und wurde vom Kaiser mit dessen Bildniß an einer goldnen Kette beehrt. Auch seine Gattin, welche als geb. Döbricht schon 1709 auf dem Leipziger Operntheater glänzte, theilte als eine der größten Deutschen Sängerin seinen Ruhm zu Dresden, wohin sie 1719 zu den damahligen Festins eingeladen wurden. Und endlich schien sein Geist auch zwiefach auf dem Sohn, Ludwig Christian Hesse, zu ruhen, welcher 1766 als Viola da Gambist beim Kronprinz von Preußen in Diensten stand, und in Rücksicht auf Fertigkeit, Feinheit und Feuer der Ausführung als einer der ersten Gambisten Europens gerühmt wurde. Der Vater starb 1762.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 2. Amsterdam 1809, S. 198-199.
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