Die Magie

[15] Die Magie bezeichnet den Inbegriff aller Kenntnisse und Fertigkeiten, welche zur Hervorbringung übernatürlicher Wirkungen und Kräfte erfordert werden. Je nachdem geheime, aber in der Natur verborgen liegende Mittel hierzu gewählt, oder gute oder böse Geister zur Ausführung gebraucht werden, wird die Magie noch jetzt, oder wurde es in den finstern Zeiten der vorigen Jahrhunderte, in die natürliche, weiße und schwarze Magie eingetheilt. Letztere setzte man ehemahls auf die Rechnung des Teufels, und der Glaube an dieselbe verlor sich schon zu Ende des vorigen Jahrhunderts. In größerm Ansehen erhielt sich die so genannte weiße Magie, welche es vorzüglich mit Dämonen, Schutzgeistern und den übrigen Mittelwesen zu thun hat, die ihre Existenz den Träumereien der neuplatonischen Philosophen verdanken. Sie fand bis auf die neuesten Zeiten Bewunderer und Verehrer, und ist noch jetzt eine ergiebige Quelle für Gaukler und Betrüger, welche sich ihrer unter dem Namen der Theurgie und Theosophie bei schwachköpfigen Personen bedienen, um Geld zu erpressen oder geheime Absichten durchzusetzen. Da sie sich der Religion bedient, und die Menschen durch stille Ergebung in den göttlichen Willen, durch Kasteiungen, Büßungen und blinden Glauben in die Geheimnisse des Geisterreichs einzuführen verspricht; so ist sie um desto gefährlicher [15] und für das Wohl der Staaten höchst nachtheilig. Die natürliche Magie machte ehemahls einen Theil der Physik aus; und es war kein Wunder, daß Männer, welche in naturhistorischen Wissenschaften vor ihren Zeitgenossen einige Fortschritte gemacht hatten, wie Rogerius Bacon, der Pater Kircher und Andre, für Magier gehalten und der Zauberei wegen verklagt wurden. So überzeugt man auch in unsern Tagen von dem Ungrunde aller geheimen Wissenschaften sein sollte, und so wenig sich wahre Aufklärung mit dem geheimnißvollen Dunkel einer so genannten verborgenen Weisheit verträgt; so begierig forschen dessen ungeachtet leichtgläubige Thoren unter den höhern und niedern Standen nach der Kenntniß der übersinnlichen Welt, und überlassen sich zur Erlangung derselben den leichtsinnigsten Führern. Ein gewisser Etteilla eröffnete noch im Jahre 1790 eine magische Schule zu Paris, und versprach seinen Schulern, die sich in zahlreicher Menge bei ihm einfanden, nichts Geringeres als einen vollständigen Unterricht in Dingen, die ihrer natürlichen Beschaffenheit nach nicht erkannt werden konnen. Eben dieser Etteilla behauptete, Ludwig XVI. schon vor sieben Jahren sein Unglück vorausgesagt zu haben: aber diese Weißagung wurde erst bekannt, nachdem der König guillotinirt worden war; man hat daher alle Ursache, an ihrer Zuverlässigkeit zu zweifeln. – Verschiedene einsichtsvolle Naturforscher haben es für nützlich gehalten, die Kenntniß der natürlichen Magie gemeiner zu machen, um dadurch die Anmaßungen der übernatürlichen zu stürzen. (Wieglebs natürliche Magie, mit Eberhards vortrefflicher Abhandlung von der Magie begleitet, fortgesetzt von Rosenthal. – Halle Magie in Versuchen. – Hellmuths Volks-Naturlehrer zur Dämpfung des Aberglaubens).

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 3. Amsterdam 1809, S. 15-16.
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