Magna Charta

[16] Magna Charta, (Englisch the Great Charter) ein vorzüglich merkwürdiges Grundgesetz der Engländer, das noch jetzt von ihnen als das Palladium der Nationalfreiheit verehrt wird. Schon i. J. 1100 hatte Heinrich I der Englischen Nation einen wichtigen Freiheitsbrief (charta libertatum) ausgestellt, in welchem er dem Volke, besonders aber dem Adel, viele [16] Freiheit gab und manchen Druck des Lehnssystems aufhob. Als nachher König Johann ohne Land diese Urkunde verletzte, despotisch herrschte und die Nation vom Papste abhängig machte, wurde er i. J. 1215 durch einen allgemeinen Volksaufstand, an dem besonders die Geistlichkeit großen Antheil hatte, zur Unterschreibung der Magna Charta genöthigt. In derselben wurde das obige Gesetz bestätigt; es wurden ferner darin viele Anmaßungen des Papstes verworfen, der Kirche große (verhältnißmäßig zu große) Vorrechte eingeräumt, und die Grundsätze festgesetzt, daß ohne Einwilligung der Volksversammlungen keine neuen Abgaben eingeführt, der Handel nie durch willkührliche Zölle beschränkt und die Vorrechte der Städte und Flecken ungekränkt gelassen werden sollten. Auch wurde das Privateigenthum durch dieses Gesetz vorzüglich gesichert, das Erbschaftsrecht bestimmter angegeben u. s. f. – Allein nicht alle Vorrechte der Engländer gründen sich auf dieses Grundgesetz: denn nicht nur die Petition of right (Bitte um Recht) von 1628 ist eine Ergänzung desselben; sondern es enthalten auch die Habeas Corpus Acte von 1679, die Bill of rights (Erklärung der Rechte) von 1689, der Parlamentsschluß von 1701 über die Thronfolge des jetzt regierenden Hauses, der Vereinigungstractat Englands und Schottlands von 1707, wodurch die Schotten den Engländern gleich gemacht wurden, und andre Gesetze beträchtliche neue constitutionelle Rechte, deren Anführung uns zu weit führen würde.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 3. Amsterdam 1809, S. 16-17.
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