Die Passagen

[375] Die Passagen (auch Rouladen, Ital. passo, auch passagio) bedeuten in der Musik, und zwar vorzüglich im Gesange, eine Folge melodischer Töne auf eine einzige Sylbe des Textes, so daß durch die so genannte Diminution oder Verkleinerung eine Hauptnote in mehrere verwandelt wird. Diese aus allerhand Figuren zusammengesetzten Läufe, welche zur Zierath der Melodie dienen, müssen so beschaffen sein, daß alle Töne leicht und in einem Zusammenhange vorgetragen werden. Sie sind entweder vom Tonsetzer selbst vorgeschrieben; oder der Sänger und Spieler macht sie da, wo jener nur die Hauptnote hingesetzt hat: im letztern Falle müssen sie mit Einsicht und Geschmack angebracht werden, damit sie nicht in beleidigende Auswüchse ausarten, welche immer nur – so wie es öfters selbst in denen vom Tonsetzer vorgeschriebenen Passagen der Fall ist – zur Parade dienen müssen, und wozu leider die Welschen Sänger am meisten Veranlassung gegeben haben. Uebrigens sind diese Passagen oder Rouladen eine neuere Erfindung in der Musik, indem wohl wahrscheinlich in den alten Zeiten auf jede Sylbe nur ein Ton, höchstens ein Paar an einander geschleifte Töne gesetzt wurden.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 3. Amsterdam 1809, S. 375.
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